بِسْمِ اللّٰهِ الرَّحْمَنِ الرَّحِيمِ
وَلۡتَكُنۡ مِّنۡكُمۡ اُمَّةٌ يَّدۡعُوۡنَ اِلَى الۡخَيۡرِ وَيَاۡمُرُوۡنَ بِالۡمَعۡرُوۡفِ وَيَنۡهَوۡنَ عَنِ الۡمُنۡكَرِؕ وَاُولٰٓـئِكَ هُمُ الۡمُفۡلِحُوۡنَ
Und es soll unter euch eine Gemeinschaft sein, die zum Guten aufruft und das Rechte gebietet und tatkräftig fördert und Unrecht verwehrt und sich bemüht, Übles (auf angemessene Weise) zu verhindern. Sie sind es, die erfolgreich sein werden.
Sure 3 Vers 104
لِلَّهِ وَلِكِتَابِهِ وَلِرَسُولِه أَنَّ النَّبِيَّ صَلّى اللهُ عَلَيْهِ وسَلَّم قَالَ: اَلدِّينُ اَلنَّصِيحَةُ قُلْنَا: لِمَنْ؟ قَالَ
وَلِأَئِمَّةِ الْمُسْلِمِينَ وَعَامَّتِهِمْ
Der Prophet (F.s.m.I) sagte: „Die Religion ist wohlwollender Ratschlag.“ Wir fragten: „In Bezug auf was?“ Er antwortete: „In Bezug auf Gott, sein Buch und den Gesandten von Ihm, die Vorsteher der Muslime und die Allgemeinheit.“
Muslim, Imān 95
Ehrenwerte Musliminnen und Muslime! Unsere heutige Freitagspredigt handelt vom wohlwollenden Ratschlag also von neṣīḥa. Wohlwollender Ratschlag bedeutet, jemanden auf den richtigen Weg zu führen und stets Gutes für ihn zu wünschen. Es hat die Bedeutung, Menschen zu Gott, seinem Gesandten und zur Religion zu führen sowie sie zu Handlungen zu bewegen, die sowohl für ihr diesseitiges als auch für ihr jenseitiges Leben von Nutzen sind.
Unser Prophet (F.s.m.I) sagte: „ Die Religion ist wohlwollender Ratschlag.“ Die Säule der Religion und das, was die Religion aufrechterhält, ist der wohlwollende Ratschlag. Im Hadith wird er nahezu gleichbedeutend mit Religion verwendet. Die Gelehrten haben diesen Hadith mit folgendem Hadith verglichen: „Die große Pilgerfahrt ist der Berg Arafat“. So wie es ohne Arafat keine gültige Pilgerfahrt gibt, gibt es ohne einen wohlwollenden Ratschlag keine Religion.
Als der Gesandte Gottes sagte: „Die Religion ist wohlwollender Ratschlag“, fragten die Gefährten: „Für wen ist der Ratschlag? Für wen soll sie gelten? Was sind die Themen des Ratschlags? Was empfiehlt die Religion eigentlich?“
Der Gesandte Gottes antwortete: „Für Gott.“ Das bedeutet, dass der Ratschlag zunächst für Gott sein, also ein wohlwollender Ratschlag welcher Gott empfiehlt. Die Religion gebietet, Gott als existierend und einzig anzuerkennen, Ihn frei von jeglichen Mängeln zu betrachten und Ihn mit vollkommenen Eigenschaften zu erkennen. Sie lehrt, für Gottes unendliche Gaben dankbar zu sein, dass die Menschen allein Gott dienen sollen, und empfiehlt sowie gebietet den Muslimen, in ihren Taten aufrichtig und voller Hingabe zu sein.
Im weiteren Verlauf der Überlieferung heißt es „für seine Bücher“:
Die Religion gebietet ebenso den Muslimen, den Koran zu lernen, lehren und zu rezitieren, wie am Tag oder in der Nacht. Ebenso gebietet und empfiehlt es, sich von dem fernzuhalten was das Buch als verwehrt ansieht ebenso wie es gebietet und empfiehlt die Handlungen zu verrichten, die als obligatorisch im Koran vorkommen.
Des Weiteren heißt es im Hadith „für seinen Propheten“: Die Religion empfiehlt, den Gesandten Gottes, den ehrenwerten Propheten Muhammed (F.s.m.I), anzuerkennen. Das bedeutet, seine Gesandtschaft zu akzeptieren, das, was er von Gott überbracht hat, zu bestätigen, sich fest an seine edle Sunnah zu halten, die von ihm gebrachte Religion des Islams bis zum Ende zu bewahren und seine Familie, seine Gefährten und diejenigen, die seinem Weg folgen, mehr zu lieben als sich selbst.
„die Vorsteher der Muslime“:
Die Religion gebietet den Muslimen, ihren gerechten Vorstehern und Ältesten Respekt zu erweisen und Folgsamkeit zu leisten, Anarchie und Verleumdungen zu vermeiden und so Einheit und Zusammenhalt in der Gemeinschaft zu fördern.
Der wohlwollende Ratschlag gegenüber Vorstehern bedeutet, ihnen zu helfen bzw. ihnen beizustehen, solange sie auf dem rechten Weg bleiben, sie daran zu erinnern, nicht von Gerechtigkeit und Rechtmäßigkeit abzuweichen, und dabei stets respektvoll und höflich zu handeln. Vorsteher, die jedoch vom rechten Weg abweichen, müssen gewarnt werden. Wer Tyrannen nicht offen mit den Worten „Du bist ein Tyrann“ konfrontiert und keinen wohlwollenden Ratschlag gibt, trägt dazu bei, dass Güte und Gerechtigkeit in der Gesellschaft mit der Zeit verloren gehen.
Die Gelehrten innerhalb einer Gesellschaft gelten ebenfalls als Vorsteher der Gemeinschaft. Sie tragen eine große Verantwortung dafür, die Gebote und Verbote aus dem Buch Gottes und der Sunnah des Propheten richtig zu verstehen und zu lehren. Sie sind verpflichtet, diejenigen zu widerlegen, die diese Lehren aus Eigeninteresse verfälschen, und müssen diese Fehler wissenschaftlich korrigieren. Deshalb müssen Gelehrte und spirituelle Vorsteher zunächst selbst eine rechtschaffene Lebensweise führen. Wer nicht selbst rechtschaffen ist, kann andere nicht auf den
Gelehrte und Intellektuelle sollten es als ehrenhafte Aufgabe betrachten, Herrschern, Politikern oder Tyrannen einen wohlwollenden Ratschlag zu geben und sie zum Gerechtigkeit und Ordnung einzuladen, sofern dazu ein Bedarf besteht. Denn der Gesandte Gottes (F.s.m.I) sagte: „Der größte Dschihad ist es, einem tyrannischen Herrscher die Wahrheit ins Gesicht zu sagen.“ (Ebū Dāwd, Melāḥim 17). In diesem Sinne gedenken wir auch wahre Journalisten und Künstler, die für die Wahrheit eintreten, mit Wohlwollen und bitten unseren Herrn, sie mit göttlicher Unterstützung zu stärken.
„und die Allgemeinheit“: Die Religion ist auch ein wohlwollender Ratschlag für alle Muslime. Sie betont, dass Muslime die Rechte anderer respektieren sollen, in ihrem Verhalten Liebe, Respekt, Mitgefühl und Barmherzigkeit walten lassen und die Verantwortung haben, das Leben, Eigentum, die Ehre und die Würde anderer zu schützen und zu verteidigen.
Die Aufgabe der Propheten war es, den Menschen den rechten Weg zu zeigen, sie in Güte zu unterstützen, sie davor zu bewahren, von ihren Schwächen überwältigt zu werden, und sie, falls sie doch abirrten, wie ein Feuerwehrmann aus den Flammen zu retten. Mindestens aber sollten sie für sie beten, dass Gott ihnen hilft, wieder aufzustehen.
Das vollkommene Beispiel, der Prophet (F.s.m.I), hat dies in einem Hadith wie folgt beschrieben:
„Mein Beispiel und das eure gleicht dem eines Mannes, der ein Feuer entzündet. Wenn die Flammen um ihn erleuchten, beginnen die Motten und andere Insekten, die das Licht lieben, hineinzufliegen. Der Mann versucht, sie zu retten, doch sie überwiegen und stürzen sich in das Feuer. Genauso halte ich euch von dem Feuer zurück, aber ihr rennt darauf zu.“
Werte Gläubige!
Ein besonders wichtiger Punkt ist, dass der wohlwollende Ratschlag nur dann Wirkung zeigt, wenn derjenige, der sie gibt, das, was er sagt, auch lebt. Gott der Erhabene sagte zu Jesus, Friede sei mit ihm:
„O Jesus! Ermahne zuerst dich selbst. Wenn du diese Ermahnung annimmst, dann ermahne die Menschen. Andernfalls schäme dich vor Mir.“ (Aḥmed Ibn Ḥanbel, ez-Zuhd 1/54).
Wenn ein so erhabener Prophet wie Jesus (F.s.m.I), der das Zehnfache von dem lebte, was er sagte, von Gott so ermahnt wurde, wie viel mehr sollten andere Menschen darauf achten, dass sie das, was sie predigen, auch selbst umsetzen.
Das Vorleben statt vorzupredigen ist von großer Wichtigkeit. Nur durch Kontinuität und Beständigkeit in der Umsetzung können Schilderungen überzeugend sein. Die Ohren sind satt, die Augen hungrig – der Islam braucht Vorbilder, die ihn durch ihr Handeln leben . Wenn in der Zeit des Prophetentums eine gewaltige Öffnung stattfand, dann lag dies an der tiefen Hingabe und rechtschaffenen Lebensweise des Gesandten Gottes und seiner ehrenwerten Gefährten.
Gesegnet sind jene, die ein Leben lang auf dem Weg der Aufrichtigkeit in ihrer Dienerschaft verharren, und frohe Botschaft denjenigen, die glauben, rechtschaffene Werke verrichten und einander zur Wahrheit und zur Geduld ermahnen!