
بسم الله الرحمن الرحيم
[…]اَلنَّبِيُّ اَوْلٰى بِالْمُؤْمِنينَ مِنْ اَنْفُسِهِمْ وَاَزْوَاجُهُٓ اُمَّهَاتُهُمْۜ
„Der Prophet hat ein größeres Anrecht auf die Gläubigen, als sie es auf sich selbst haben, und (nachdem er wie ein Vater zu ihnen ist) sind seine Frauen (wie) ihre Mütter.“[1]
Ehrenwerte Musliminnen und Muslime, unsere heutige Predigt handelt von der Loyalität und der Großzügigkeit unserer Mutter Khadīdsche.
Die ehrenwerte Khadīdsche (Gottes Wohlgefallen mit ihr ) gehört einer geachteten Familie des Stammes Quraysch an und ihr Vater ist Khuweylid bin Esed und ihre Mutter Fāṭime bint Zeyde. In der mekkanischen Gesellschaft wurde sie mit dem Ehrentitel „Ṭāhira“ (die Reine) bezeichnet und nach dem Islam mit dem Beinamen „Kubrā“ (die Große) geehrt. Sie war bekannt für ihre Charakterreinheit, Aufrichtigkeit und Anmut. Schon in jungen Jahren ließ sie ihr Vermögen durch vertrauenswürdige Personen verwalten und betrieb Karawanenhandel auf der Route Jemen–Hidschas–Syrien.
In ihren Handelsgeschäften legte sie Treue und Wahrhaftigkeit als Maßstab zugrunde. Ihr soziales Ansehen wuchs, weil sie sich um ihre Mitarbeiter kümmerte, ihren Gewinn teilte und Sklaven und Mägde freiließ.
Die Handelspartnerschaft mit dem als „el-ʾEmīn“ (der Vertrauenswürdige) bekannten Propheten Muhammad (Friede und Segen seien auf ihm) gab ihr die Gelegenheit, seinen vorbildlichen Charakter aus nächster Nähe kennenzulernen.
Khadīdsche (Gottes Wohlgefallen mit ihr) heiratete den Propheten (F.s.m.i) mit dem Einverständnis ihrer Familie, und ihre Ehe dauerte etwa ein Vierteljahrhundert. Aus dieser Ehe gingen Qāsim, ʿAbdullāh, Zeyneb, Ruqayya, Umm Kulthūm und Fāṭima (möge Gott mit ihnen allen zufrieden sein) hervor.
Der Name Khadīdsche bedeutet „die Frühgeborene“. In diesem Sinn war sie die Erste, die mit der Botschaft des Islam in Berührung kam und als Erste daran glaubte. Immer wenn der Prophet (F.s.m.i) in Bedrängnis geriet, eilte unsere Mutter Khadīdsche ihm zu Hilfe; wann immer ihn die Mekkaner betrübten, tröstete sie ihn zu Hause und ließ ihn seine Sorgen vergessen.
Nach der ersten Offenbarung, als der Prophet (F.s.m.i) vom Berg Ḥirā zurückkehrte und sagte: „Was geschieht mit mir, o Khadīdsche?“, weil er Angst vor dem Erlebten verspürte, beruhigte ihn seine edle Gattin mit den Worten: „Sag so etwas nicht! Ich schwöre, Gott wird dich niemals bloßstellen oder traurig machen. Denn du pflegst die Verwandtschaft, sprichst stets die Wahrheit, hilfst den Bedürftigen und Schwachen, unterstützt die Armen, bewirtest die Gäste und stehst den Unterdrückten bei.“[2]
Anschließend nahm sie den Propheten mit zu ihrem Verwandten Waraqa ibn Newfel, der über Kenntnisse des Christentums verfügte. Nachdem dieser sich die Erlebnisse des Propheten (F.s.m.i) angehört hatte, sagte er: „Das ist der erwartete letzte Prophet, und der, der dir in der Höhle erschien, ist der Engel Gabriel, der Bote der Offenbarung.“ Ohne den geringsten Zweifel sprach Khadīdsche (Gottes Wohlgefallen mit ihr) die Worte: „Ich bezeuge, dass du der Gesandte Gottes bist“, und wurde damit die erste Muslimin.
Mit dem Beginn der Prophetie stellte sie ihr gesamtes Vermögen und Ansehen in den Dienst des Islam. Ihr Einsatz (Infāq) beschränkte sich nicht nur auf Geldspenden, sondern umfasste Unterkunft, Verpflegung, Schutz, Vermittlung und den Einsatz ihres gesellschaftlichen Rufs.
Während der Dār el ʾErqām Periode in Mekka, als die Verkündigung noch im Geheimen stattfand, unterstützte sie regelmäßig die Bedürfnisse der Muslime, befreite Sklaven, half den Unterdrückten und spielte bei den Vorbereitungen zur Auswanderung nach Abessinien eine wichtige, aber verborgene Rolle, sie war eine stille Heldin der Großzügigkeit.
Während der dreijährigen sozialen und wirtschaftlichen Blockade in Mekka teilte sie ihr Vermögen mit den Bedürftigen, selbst wenn sie dafür Hunger litt, und wurde so zu einem herausragenden Beispiel für „Īsār“, das edle Verhalten, andere über sich selbst zu stellen.
Man kann sagen, dass Gott sie auf besondere Weise erschaffen hat, denn sie wurde zur größten Ehefrau des größten Menschen und mit der Ehre ausgezeichnet, die herausragendste Frau der Propheten Familie zu sein. An der Spitze der Propheten Familie steht Fatima, und an ihrer Spitze steht Khadīdsche.
Im zehnten Jahr der Prophetie, das als das Jahr der Trauer bekannt ist, lag Khadīdsche in ihrem Zelt krank und von Fieber geschüttelt in ihren letzten Momenten. Da sagte der Prophet (F.s.m.i) zu ihr: „Eigentlich warst du nicht jemand, der solches Leid erleben musste, du hast es nur erlebt, weil du mit mir verheiratet bist. Doch wisse: Nach jeder Prüfung schenkt Gott neue Gnaden.“
Unsere Mutter legte ihren Kopf auf den Schoß des Propheten (F.s.m.i) und übergab ihre Seele Gott. Der Prophet (F.s.m.i) vergaß seine edle Ehefrau sein Leben lang nicht. Er bewahrte ihre Erinnerungen in Ehren. Nach der Schlacht von Bedr fiel der Ehemann ihrer Tochter Zeyneb, Ebū’ el ʿĀs, den Muslimen als Gefangener in die Hände. Um ihn freizukaufen, schickte Zeyneb die Halskette, die sie einst von ihrer Mutter Khadīdsche zu ihrer Hochzeit geschenkt bekommen hatte. Als der Prophet (F.s.m.i) diese Halskette sah, war er tief bewegt und bat darum, sie Zeyneb zurückzusenden und Ebū’ el-ʿĀs freizulassen.
Khadīdsche (Gottes Wohlgefallen mit ihr) war durch ihre Treue und Großzügigkeit eine Frau von höchster Tugend und Ehre, eine beispielhafte Mutter für alle Muslime, die mit Gottes Gruß und der Anerkennung des Gesandten ausgezeichnet wurde.
Eines Tages kam der Engel Gabriel zum Propheten (F.s.m.i) und sagte: „Überbringe Khadīdsche Gottes Friedensgruß und verkünde ihr, dass sie im Paradies einen Palast aus Perlen erhalten wird.“ Daraufhin sagte der Gesandte Gottes: „O Khadīdsche, dies ist Gabriel, er bringt dir den Friedensgruß von Gott.“
Khadīdsche nahm den Gruß mit großer Freude an und erwiderte den Friedensgruß an Gabriel.
Dieses Ereignis war nicht nur ein Zeichen für den hohen Rang, den Khadīdsche bei Gott innehatte, sondern auch der Anlass dafür, dass ihr bereits zu Lebzeiten das Paradies verheißen wurde.
Der Prophet (F.s.m.i) sagte: „Die vorzüglichsten Frauen der Welt sind vier: Maria, die Tochter ʿImrāns, Asiye, die Frau des Pharao; Khadīdsche, die Tochter von Khuweylid; und Fāṭima, die Tochter Muhammeds (F.s.mi).“[3]
Nach dem Tod unserer Mutter Khadidja brach der Prophet (F.s.m.i) nie den Kontakt zu ihren Verwandten und Freunden ab. Wenn er ein Schaf schlachtete, sagte er: „Schickt etwas davon zu den Freundinnen Khadīdsche.“
ʿĀischa (Gottes Wohlgefallen mit ihr) berichtete, dass es dem Propheten (F.s.m.i) große Freude bereitete, wenn er Khadīdsche erwähnte und für sie betete. Eines Abends in Medina kam Khadīdsche Schwester Hāle zu Besuch. Der Prophet (F.s.m.i) erkannte sie an ihrer Stimme und ging ihr an der Tür entgegen. Er legte ihr ein Kissen hin und hieß sie herzlich willkommen. Als ʿĀischa ihn fragte, warum er ihr so viel Zuneigung zeigte, antwortete er: „Gott hat mir keine bessere Frau als Khadidja gegeben. Denn sie glaubte an mich, als alle anderen ungläubig waren; sie hielt mich für wahrhaftig, als alle mich der Lüge bezichtigten; sie teilte ihr Vermögen mit mir, als alle anderen mir nichts gaben; und Gott schenkte mir durch sie Kinder.“
Möge Dein Wohlgefallen, o Herr, und Deine Zufriedenheit, Dein Respekt, Deine Ehre, Dein Segen und Dein Frieden über unserem Propheten (F.s.m.i), seiner Familie, seinen Ehefrauen und über ihnen allen sein. Amin!
[1] Sure el ʾEḥzāb 33:6
[2] Bukhārī, Bedʾu el Wehyi 1
[3] Tirmidhī, Kitāb el-Menāqib, Kapitel 62–63, Hadith Nr. 3877–3878