Ramadan und Gastfreundschaft

بِسْمِ اللّٰهِ الرَّحْمَنِ الرَّحِيمِ

               وَيُطْعِمُونَ الطَّعَامَ عَلٰى حُبِّه مِسْكينًا وَيَتيمًا وَاَسيرًا

Sie geben Nahrung, auch wenn sie sie selber noch so sehr benötigen, bereitwillig an den Bedürftigen und an das Waisenkind und an den Gefangenen.

Sure el-Insān, Vers 8

 قال رسول الله صلى الله عليه و سلم مَنْ كَانَ يُؤْمِنُ بِاللهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ فَلْيُحْسِنْ إِلَى جَارِهِ، وَمَنْ كَانَ يُؤْمِنُ بِاللهِ وَالْيَوْمِ الْآخِرِ فَلْيُكْرِمْ ضَيْفَهُ

Der Gesandte Gottes (F.s.m.i.) sagte: „Wer an Gott und den Jüngsten Tag glaubt, soll seinem Nachbarn Gutes tun. „Wer an Gott und den Jüngsten Tag glaubt, soll seinem Gast gegenüber großzügig sein!

(Bukhārī, Edeb 31)Tirmiziḏi, birr 40

Ehrenwerte Musliminnen und Muslime!

Unsere heutige Predigt wird sich mit dem Thema Gastfreundschaft im Ramadan befassen.

Im Ramadan öffnet sich eines der Tore der Güte im sozialen Miteinander, und dieses Tor heißt Gastfreundschaft . Gastfreundschaft bedeutet, jemanden freundlich zu empfangen und zu ehren, Respekt zu zeigen, Schenkungen und Zuwendungen zu machen oder – im übertragenen Sinne – Teilhabe an Gottes Gnade und Wohltaten zu ermöglichen.

Gastfreundschaft gehört zu den edlen Charaktereigenschaften. Unser Herr wird in Seinen schönsten Namen als Ḏū l-Djelāl we l-Ikrām (Er, der Erhabene und Großzügige) bezeichnet. Diese Bezeichnung kommt im Koran zwei Mal in der Sure er-Raḥmān vor. Ein Mensch, der gastfreundlich ist, schwingt sich also sinnbildlich auf eine Resonanzebene mit einem dieser erhabenen Namen Gottes.

Der Anteil des Gläubigen an diesem Namen Gottes (Ḏū l-Djelāl we l-Ikrām) zeigt sich in dem Maße, wie er seine ihm gewährten Gnadengabe und Möglichkeiten mit anderen Geschöpfen Gottes teilt.

Gastfreundschaft in den ersten Zeiten des Islam

In den ersten Zeiten des Islam litten die Musliminnen und Muslime unter schwierigen Lebensbedingungen. Daher war es zunächst obligatorisch, Reisenden und Gästen das Nötige für den Weg zu geben und ihnen Unterkunft zu gewähren. Später, als die Musliminnen und Muslime in Wohlstand lebten, wurde es – statt einer Pflicht – zu einer von unserem Propheten (F.s.m.i.) empfohlenen und vorgelebten Sunna.

„Verbreitet den Friedensgruß und speist andere!“

ʿAbdullāh b. Selām berichtet: Als der Prophet (F.s.m.i.) nach Medina kam, liefen die Menschen zu ihm und sagten: „Der Gesandte Gottes ist gekommen!“ Das Erste, was ich ihn sagen hörte, war:

„Ihr Menschen! Verbreitet den Friedensgruß, speist die Menschen, pflegt die Verwandtschaftsbande und verrichtet das Hauptgebet, während (andere) schlafen – dann werdet ihr das Paradies betreten.“ (Tirmidhī 4/652 (2485)

In einem weiteren Hadith sagte der Gesandte Gottes (F.s.m.i.):

„Gebt dem Hungrigen zu essen, besucht die Kranken und befreit die Gefangenen!“

(Buchārī, eṭʿima 195)

Der Prophet (F.s.m.i) sagt auch:

O ihr Menschen!…. Euer Tisch (Speisen) möge für alle geöffnet sein; seid reichlich großzügig… „So werdet ihr sicher das Paradies betreten!““

(Ibn Mādja, eṭʿima 1)

Mit den Worten „Euer Tisch möge für alle geöffnet sein“ hat der Prophet (F.s.m.i.) nicht zwischen Arm und Reich oder Gläubigen und Ungläubigen unterschieden; vielmehr ließ er dieses Gebot (des Speisens) uneingeschränkt. In diesem Sinne gehört es selbstverständlich auch dazu, Nichtmuslime zu bewirten. Dass wir unsere Tische für alle Menschen öffnen, ist eine schön gelebte Haltung und ein wichtiger Beitrag, um die Wohlwollens- und Hilfsbereitschaft der Musliminnen und Muslime sichtbar zu machen.

Jemanden zu speisen und den Friedensgruß zu verbreiten sind zwei entscheidende Faktoren, um in einer Gesellschaft warmherzige Beziehungen, tiefe Freundschaften und eine Zunahme des Guten zu bewirken. Dass dies allen gilt – ob man sich nun kennt oder nicht – zieht den Kreis dieser Wohltaten so weit wie möglich. Im Ramadan oder zu anderer Zeit unsere Tische für jedermann zu öffnen, ist somit die Wiederbelebung einer wichtigen Sunna des Gesandten Gottes und bringt Segen in unsere Häuser.

Unser geliebter Prophet (F.s.m.i.), der immer zu Großzügigkeit anhielt, hat uns besonders auch im Ramadan motiviert, Fastende zum Fastenbrechen einzuladen:

„Wer einen Fastenden speist und ihm damit eine Freude macht, den wird Gott am Tag der Auferstehung aus meinem Paradies-Brunnen trinken lassen, so dass er – bis er ins Paradies eingeht – keinen Durst mehr verspüren wird.“ ( el-Beihāqī, Schuʿab el-īmān 3/306)

Die Großzügigkeit des Propheten (F.s.m.i.) beschränkte sich jedoch nicht nur auf das Fastenbrechen. Er lud auch zum Sahur (Mahl vor der Morgendämmerung) Gäste ein. ʿIrbāḍ b. Sāriya (Gott habe Wohlgefalle an ihm) sagte: „Der Gesandte Gottes (F.s.m.i.) lud mich im Ramadan zum Sahur ein und sagte: ‚Komm und iss von der gesegneten Speise!”

Von Zeyd ibn Thābit (Gott habe Wohlgefallen an ihm) wird berichtet: „Wir aßen mit dem Gesandten Gottes (F.s.m.i.) gemeinsam das Sahur-Mahl und verrichteten dann das Morgengebet.“ (Buchārī, Ṣawm 19; Muslim, Ṣiyām 47)

Mitunter wandte sich unser Prophet (F.s.m.i.) nach dem gemeinsamen Gebet an die Gemeinde und sagte: „Jeder möge so viele Gäste mitnehmen, wie er verköstigen kann!“

Und wenn jemand keine Unterkunft fand, so nahm der Prophet (F.s.m.i.) ihn selbst als Gast auf. Eines Tages bat er seine Gefährten darum, einige Mitglieder der Eṣḥāb eṣ-Ṣuffa (Gefährten, die in der Moschee lebten und sich auf den Erwerb von Wissen konzentrierten) zum Essen einzuladen. Sie wurden auf die Gefährten verteilt, nur fünf Personen blieben übrig, die er selbst in das Haus von ʿĀʾiša (Gott habe Wohlgefallen an ihr) einlud. Anschließend sagte er: „O ʿĀʾiša, bereite uns etwas zu essen!“ Sie servierte ihnen eine Speise aus Mehl und Fleisch, dann Datteln, und danach tranken sie Milch.

Verehrte Gläubige!

Diejenigen, die heute bemüht sind, den Islam in universellem Sinne zu repräsentieren, haben der Gastfreundschaft eine besondere Tiefe und Schönheit verliehen. Durch die von ihnen organisierten Iftar-Einladungen, vorbereiteten Lebensmittelpakete oder verschiedene andere Aktivitäten haben sie das mitfühlende Gesicht des Islams allen, die sie erreichen konnten, gezeigt – und tun dies weiterhin.

Glückselig sind jene, die jeden Augenblick ihres Lebens mit einer so heiligen Absicht füllen! Frohe Botschaft sei jenen, die ihre Tische für alle öffnen und den Bedürftigen, Waisen und Gefangenen gastfreundlich begegnen.

Möge Gott uns dazu befähigen, die Wahrheiten, an die wir glauben, richtig zu vertreten. Amin!

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