Ramadan-Fest-Predigt

Ramadan-Fest-Predigt

بِسْــمِ الله الرَّحْمنِ الرَّحِيم

إِنَّمَا الْمُؤْمِنُونَ إِخْوَةٌ فَأَصْلِحُوا بَيْنَ أَخَوَيْكُمْ وَاتَّقُوا اللَّهَ لَعَلَّكُمْ تُرْحَمُون

 يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا لَا يَسْخَرْ قَوْمٌ مِنْ قَوْمٍ عَسَى أَنْ يَكُونُوا خَيْرًا مِنْهُمْ وَلَا نِسَاءٌ مِنْ نِسَاءٍ عَسَى أَنْ يَكُنَّ خَيْرًا مِنْهُنَّ وَلَا تَلْمِزُوا أَنْفُسَكُمْ وَلَا تَنَابَزُوا بِالْأَلْقَابِ بِئْسَ الِاسْمُ الْفُسُوقُ بَعْدَ الْإِيمَانِ وَمَنْ لَمْ يَتُبْ فَأُولَئِكَ هُمُ الظَّالِمُونَ

10. Die Gläubigen sind ja Brüder, damit stiftet Frieden zwischen euren Brüdern und hütet euch vor Ungehorsam gegen Gott in Ehrfurcht vor Ihm und in Frömmigkeit (ganz besonders, wenn es um eure gegenseitigen Pflichten als Brüder geht), damit euch Barmherzigkeit zuteil werde (und euch ein gutes, tugendhaftes Leben in der Welt als Einzelne und als Gemeinschaft gewährt werde, sowie ewig währende Glückseligkeit im Jenseits).

11. O ihr, die ihr glaubt! Lasst nicht die einen unter euch über die anderen spotten; es mag durchaus sein, dass die Letzteren besser sind als die Ersteren; und lasst auch nicht einige Frauen über andere Frauen spotten; es mag durchaus sein, dass die Letzteren besser sind als die Ersteren. Und verleumdet euch nicht gegenseitig (und beschwört dadurch dasselbe für euch als Vergeltung herauf), und verletzt einander nicht durch Schimpfnamen (die euren Brüdern und Schwestern zuwider sind). Übel ist es, Namen mit einer schlechten Bedeutung zu benutzen, nachdem (diejenigen, die so angesprochen werden den) Glauben (angenommen haben), (dies zu tun ist, als würde man das Kennzeichen des Glaubens durch ein Kennzeichen des Frevels ersetzen). Wer immer (das tut und) sich (dann) Gott nicht in Reue zuwendet (und aufhört, so etwas zu tun), das sind fürwahr diejenigen, die Unrecht tun.

(Sūre Al-Hudschurāt, 49:10-11)

Ehrenwerte Musliminnen und Muslime!

Religiöse Feiertage sind Zeitspannen, die trotz ihrer Kürze die spirituellen Einkünfte, das Gute, den Segen und die Freude von Wochen, ja sogar Monaten in sich bergen. An Feiertagen gibt es so besondere Zuwendungen und überraschende Gnadengaben von Gott, dass man in den restlichen zehn Monaten des Jahres, in denen es keinen Feiertag gibt, oder sogar in mehreren Jahren nicht an sie herankommt. Jegliche guten Taten und Wohltaten gewinnen nur durch Gottes Zuwendung an Wert. Religiöse Feiertage sind eine der wichtigsten Gelegenheiten für eine solche göttliche Zuwendung – sie sind Zeiten, in denen man sich unermesslichen göttlichen Segnungen erfreuen kann, die das ganze Leben versüßen.

  • Für Seelen, die durch einen Monat Ramadan ihre Reife erreicht, sich vertieft und gereinigt haben, kommt das Fest mit einer Empfindung, die der Essenz und dem Creme de la Crème des gesamten Ramadans gleicht. Solche Feiertage sind Tage, an denen Musliminnen und Muslime mit aller Aufrichtigkeit nach der Vergebung ihrer Sünden suchen… Tage, an denen sie mit einer prophetischen Seele flehend und bittend vor ihrem Schöpfer stehen.

Natürlich ist eine solche Gnade jenen vorbehalten, die den Ramadan in rechter Weise gelebt und sich an den Feiertagen nicht der Nachlässigkeit hingegeben haben. Das Fest ist das besondere Erbe des Ramadans; das bedeutet, dass man all die versprochenen Belohnungen und Verdienste des Ramadan auch im Fest wiederfinden und dieselben Früchte ernten kann. So wie die wertvolle Nacht (Leylet el-Qadr) in sich eine verdichtete Fülle von guten Taten und Wohltaten birgt, so verhält es sich auch mit dem Fest. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass die Tage des Ramadans und die Nacht der Bestimmung als Mittel zur Nähe zu Gott genutzt werden, während an den Feiertagen die Hoffnung auf diese Nähe im Vordergrund steht – es ist die Zuversicht: „Mit Gottes Erlaubnis haben wir diese Nähe erlangt; wir waren einfache rangniedrigste Personen, doch sind wir nun zu hochrangigen Diener Gottes  aufgestiegen.“

Das Fest ist eine innere Erleichterung, die aus der Hoffnung entsteht, seine Pflichten der Dienerschaft erfüllt und Gottes Vergebung erlangt zu haben. Wir feiern nicht das Ende des Ramadans und der Fastentage, sondern das Befreit-Sein von der Last unserer Fehler und Sünden.

Unser Fest ist ein Fest, das wir auf unserer Hoffnung aufgebaut haben, vom Feuer befreit zu werden, indem wir den gesegneten Ramadan voll ausschöpfen, dessen Anfang die Barmherzigkeit, dessen Mitte die Vergebung und dessen Ende die Errettung vom Höllenfeuer ist; ein Fest, das wir auf der Weite der Barmherzigkeit Gottes und der Erwartung, von dieser Barmherzigkeit profitiert zu haben, aufgebaut haben.

Der Ramadan und die Feste kommen, anders als andere Tage und Monate, wie regenbeladene Wolken. Sie schütten die in ihren Falten verborgenen Schätze der Wohltaten und guten Taten über uns aus, treiben unsere Sünden wie wertlosen Unrat vor sich her und führen sie in die Meere der Vergebung. Und sie lassen uns immer wieder sagen:

„Wenn der Herr uns vergibt, dann ist es ein wahres Fest,
Wenn Schuld und Fehler vergehen, dann ist es ein wahres Fest.“ [1]

Feste sind so zauberhaft, dass man ihr Kommen ein ganzes Jahr lang erwartet und der Kummer über ihr Vergehen nur durch die Hoffnung auf ein erneutes Erleben gemildert wird. Was einst Sorge war, wird zur Freude, und was Traurigkeit bedeutete, verwandelt sich in eine erwartete Glückseligkeit.

Feste sind auch durch das Gebet ein wahres Fest. Sobald das Gebet ins Zentrum rückt, verliert das Fest seinen weltlichen Charakter und erreicht eine himmlische Bedeutung und Wirkung. An diesen Tagen geraten all jene Seelen, die entschlossen sind, ihre Pflichten und Verantwortungen gegenüber Gott zu erfüllen, in einen Zustand der Verzückung. Diejenigen, die mit all der Feinfühligkeit ihres Herzens empfinden und fühlen, was diese Momente bedeuten, erleben eine tiefe innere Freude. Mit ihren Tränen, ihrem Seufzen und ihrem Flehen zeigen sie durch ihre Haltung, Worte und ihr Verhalten, dass sie sich in einer Atmosphäre des Respekts und der Ehrfurcht befinden.

Feste sind Zeiten, in denen Entfernungen aufgehoben, Freundschaften vertieft und zerstrittene oder entfremdete Menschen wieder versöhnt werden. Sie sind Momente, in denen Herzen, die vor Sehnsucht wie verdorrte Wüsten brennen, durch Tränen der Wiedervereinigung getränkt werden.

Feste, die in ihrem wahrhaftigen Sinne gelebt werden, können dazu beitragen, dass Menschen, die durch gesäte Zwietracht voneinander entfernt und beinahe entfremdet wurden, wieder zusammenfinden und sich umarmen. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, sich erneut an die Ermahnungen unserer Religion zur Geschwisterlichkeit zu erinnern und diese auch in unserem Umfeld ins Bewusstsein zu rufen.

Wie der verstorbene Necip Fazıl sagte: „Ein Gläubiger ist wie komprimierter Zucker. Er hat die Kraft, das ganze Meer zu süßen.“ Ein Mensch, der seinen Glauben tief verinnerlicht und ihn in seinem Verhalten und seiner Haltung widerspiegelt, ist für seine Umgebung eine Quelle des Segens. Er verleiht allem und jedem um sich herum eine gewisse Süße.

Gott der Erhabene sagt im Koran: „Die Gläubigen sind ja Brüder, somit stiftet Frieden zwischen euren Brüdern und hütet euch vor Ungehorsam gegen Gott in Ehrfurcht vor Ihm und in Frömmigkeit (ganz besonders, wenn es um eure gegenseitigen Pflichten als Brüder geht), damit euch Barmherzigkeit zuteil werde (und euch ein gutes, tugendhaftes Leben in der Welt als Einzelne und als Gemeinschaft gewährt werde sowie ewig währende Glückseligkeit im Jenseits).“ [2]

Dieser Vers erklärt, dass alle Gläubigen, egal wo auf der Welt sie sich befinden, Geschwister sind. Der Gefährte Djerīr bin ʿAbdullah berichtet, dass der Prophet (Friede sei mit ihm) ihn bat, sich zu drei Dingen zu verpflichten: „Dem Hauptgebet, der läuternden Pflichtabgabe und den  wohlwollenden Ratschlag gegenüber  allen Muslimen.“ [3]

Außerdem sagte der Prophet (Friede sei mit ihm): „Einen Muslim zu beschimpfen ist Frevel, gegen ihn zu kämpfen ist Verkennung.“[4]

« المُسْلِمُ أَخُو المُسْلِمِ، لا يظْلِمُه، ولا يُسْلِمهُ، منْ كَانَ فِي حَاجَةِ أَخِيهِ كَانَ اللَّهُ فِي حاجتِهِ، ومَنْ فَرَّج عنْ مُسْلِمٍ كُرْبةً فَرَّجَ اللَّهُ عنْهُ بِهَا كُرْبَةً مِنْ كُرَبِ يوْمَ الْقِيامَةِ، ومَنْ ستر مُسْلِماً سَتَرهُ اللَّهُ يَوْم الْقِيَامَةِ »

Der Gesandte Gottes (F.s.m.i.) sagte:

„Ein Muslim ist der Bruder eines anderen Muslims. Er betrügt ihn nicht, belügt ihn nicht und lässt ihn nicht im Stich…” [5]

Er tut ihm kein Unrecht, behandelt ihn nicht ungerecht, liefert ihn nicht dem Feind aus, verweigert ihm keine Hilfe und verachtet ihn nicht. Wer die Not seines muslimischen Bruders lindert, dessen Not wird auch Gott lindern. Wer einem Muslim eine Sorge nimmt, dem wird Gott am Tag des Jüngsten  Gerichts eine Sorge nehmen. Wer die Fehler und Mängel eines Muslims bedeckt, dessen Fehler und Mängel wird auch Gott bedecken.“ [6]

In einer weiteren Überlieferung sagt der Prophet (F.s.m.i.):

„(O Diener Gottes!): „Seid nicht einander feindlich gesinnt… Hegt keinen Hass und keine Feindschaft gegeneinander. Wendet euch nicht voneinander ab.“ Dann zeigte der Prophet (F.s.m.i.) dreimal auf seine Brust und sagte: „Gottesbewusstsein ist hier. Es reicht als Übel für einen Menschen, dass er seinen muslimischen Bruder verachtet. Das Blut, das Eigentum und die Würde eines jeden Muslims, eines jeden Menschen sind für einen anderen Muslim, einen anderen Menschen unantastbar.“ [7]

In einer anderen Überlieferung des Propheten (F.s.m.i.) heißt es: „ Keiner von euch glaubt wahrhaftig, solange er seinem Bruder  nicht das wünscht, was er auch sich selbst wünscht.“ [8]

„Hilf deinem Glaubensbruder, ob er ein Unterdrücker oder ein Unterdrückter ist.“
Ein Mann fragte: „O Gesandter Gottes! Wenn mein Bruder unterdrückt wird, helfe ich ihm. Aber wie kann ich ihm helfen, wenn er selbst ein Unterdrücker ist?“
Der Prophet (F.s.m.i.) antwortete: „Indem du ihn davon abhältst, Unrecht zu tun, und ihn an seiner Ungerechtigkeit hinderst. Zweifellos ist das eine Hilfe für ihn.“ [9]

Ein Muslim denkt wohlwollend über andere und hält sich von schlechtem Verdacht fern. Gott, der Erhabene, sagt im edlen Koran:

„O ihr, die ihr glaubt! Meidet viel von den (schlechten) Vermutungen. Denn manche Vermutungen sind Sünde. Und spioniert einander nicht aus, und niemand von euch soll über einen anderen hinter dessen Rücken reden“ [10]

Es ist eine Sünde, Menschen ungerechtfertigt zu verdächtigen und über sie schlechte Urteile zu fällen.

Der Gesandte Gottes (F.s.m.i.) sagte:

„Ein Muslim hat sechs Rechte gegenüber einem anderen Muslim: Wenn du ihm begegnest, grüße ihn. Wenn er dich einlädt, folge der Einladung. Wenn er dich um Rat bittet, gib ihm Rat. Wenn er niest und Gott lobpreist, sage zu ihm ‚Gott erbarme sich deiner.´ Wenn er krank ist, besuche ihn. Wenn er stirbt, begleite sein Begräbnis.“ [11]

„Wer einem Gläubigen eine Sorge dieser Welt nimmt, dem wird Gott eine Sorge am Jüngsten Tag nehmen. Wer einem Bedrängten Erleichterung verschafft, dem wird Gott in dieser Welt und im Jenseits Erleichterung verschaffen. Wer die Fehler eines Muslims bedeckt, dessen Fehler wird Gott in dieser Welt und im Jenseits bedecken. Gott ist in der Hilfe des Dieners, solange der Diener in der Hilfe seines Bruders ist. Wer durch seine Taten zurückbleibt, den wird seine Abstammung nicht voranbringen.“ [12]

Während dieser Festtage sollten die Einsamkeit und Fremde der Menschen geteilt werden, und alle traurigen Gesichter sollten zum Lächeln gebracht werden.
Denn „Feste sind die praktischste Gelegenheit für zwischenmenschliche Beziehungen und der passendste Rahmen für ein Zusammenfinden der Gruppen.“

Aus diesem Grund sollten Muslime sich gegenseitig zu den Festen beglückwünschen – sei es persönlich oder über verschiedene Kommunikationsmittel – und dabei die Gelegenheit nutzen, sich gegenseitig Gutes zu wünschen und einander zu segnen.


[1] Muhammed Lütfi
[2] Sure el-Ḥudschurāt 49:10.
[3] Musned, 4:357
[4] Buchārī, Imān 36
[5] Tirmizi, Birr 18
[6] Muslim, Birr 58
[7] Muslim, Birr 32
[8] Muslim, Imān 71/72
[9] Bukhārī, Meṭālim, 4
[10] Sure el-Ḥudschurāt, 49:12
[11] Muslim, Selām 5
[12] Muslim, Zikr 5

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