Predigt des Annäherungsfestes – Kurban

بسم الله الرحمن الرحيم

اَللَّهُمَّ رَبَّنَا أَنْزِلْ عَلَيْنَا مَائِدَةً مِنَ السَّمَاءِ تَكُونُ لَنَا عِيدًا لِأَوَّلِنَا وَآخِرِنَا […]

وَآيَةً مِنْكَ وَارْزُقْنَا وَأَنْتَ خَيْرُ الرَّازِقِين

                               

“[…]O Gott, unser Herr! Sende uns einen Tisch (mit Speisen) vom Himmel herab, damit es ein stets wiederkehrendes (religiöses) Fest für uns sei – für den Ersten und den Letzten von uns -, und ein Zeichen von Dir, und versorge uns mit Nahrung, denn Du bist ja der Beste von denen, die um Versorgung ersucht werden, und der, dem schließlich der Titel des Versorgers zukommt.”[1]

Ehrenwerte Musliminnen und Muslime!

Unsere heutige Predigt von den Stellenwerten der Festtage in unserer Religion. Festtage haben von der Religion aus eine Heiligkeit oder einen Wert, weswegen sie gefeiert werden.

Das Fest ist ein Tag der Begegnung, an dem die islamischen Gefühle und Gedanken aus ihrer Schale überfließen und schäumend überall hin ausstrahlen.

Das Fest der Annäherung (‘eid al-Adhā) ist mit dem Vortag des Festes (‘Arefe) gleichzusetzen. Der ‘Arefe-Tag und die Tage des Annäherungsfestes sind im Grunde auch die Zeiten des Haddsch, der als heiliger und himmlischer Kongress des Islams gilt.

Die religiösen Feste wurden im ersten Jahr nach der Hidschra (Auswanderung) eingeführt. Als der Gesandte Gottes (F.s.m.i) nach der Hidschra nach Medina kam, hatten die Bewohner Medinas zwei Festtage, an denen sie spielten und sich amüsierten. Er fragte: „Was bedeuten diese beiden Tage?“ Sie antworteten: „In der Zeit der Unwissenheit (Dschahiliya) haben wir uns an diesen Tagen vergnügt.“ Darauf sagte der Gesandte Gottes (F.s.m.i.): „Gott, hat euch anstelle dieser beiden Tage zwei bessere Tage geschenkt: das Annäherungsfest und das Ramadanfest.“

Das Annäherungsfest wurde im ersten Jahr der Hidschra in Medina durch die Worte und Taten des Gesandten Gottes (F.s.m.i) als Fest für alle Gläubigen festgelegt. An diesen Tagen wurde es verpflichtend, das Festgebet zu verrichten und ein Opfertier darzubringen. Unser Prophet (F.s.m.i) verrichtete die Festtags-Gebete in Medina zusammen mit Männern, Frauen, Jugendlichen und Kindern auf dem Platz, wo sich heute die Gamame-Moschee befindet.

Sogar Frauen, die aus bestimmten Gründen nicht beten konnten, empfahl er, ebenfalls zu kommen, die Predigt anzuhören, an den Bittgebeten teilzunehmen und sich dem allgemeinen Segenswunsch anzuschließen.

„Wir haben dir fürwahr die (ständig sich mehrende) Fülle des Guten zuteilwerden lassen;  Darum bete zu deinem Herrn und bringe (Ihm aus Dankbarkeit) Opfer dar.“[2] Dieser göttliche Befehl richtet sich in der Person des Gesandten Gottes (F.s.m.i) an alle Gläubigen und gebietet ihnen, das Annäherungsfest zu feiern, indem sie das Festgebet verrichten und Opfertiere da bringen.

Das Fest der Gläubigen beginnt mit dem Gottesdienst, denn wahre Freude liegt im Dienen Gottes. Die Festtage öffnen sich durch die gesprochenen Tekbīr-Rufe (Verherrlichung Gottes, durch die Aussage Gott allein ist Groß) zur Ewigkeit hin und gewinnen durch rechtschaffene Taten großen Wert im Hinblick auf das Jenseits. Der Gesandte Gottes (F.s.m.i) grüßte die Menschen, die sich an den Wegen versammelt hatten, und beglückwünschte sie zum Fest, sowohl auf dem Hinweg zum Festgebet als auch auf dem Rückweg. Am Ende der Festgebete gab der Gesandte Gottes Almosen und Geschenke und ermutigte auch andere dazu. Zudem sagte er, dass diese Gaben zur Vergebung der Sünden führen könnten.

In einer Überlieferung des Propheten (F.s.m.i.) heißt es: „Schmückt euer Ramadanfest und das Annäherungsfest mit Allahu Ekber, Subḥān Allah, Elḥamdu lilāh.“[3] Es ist also Sunna an diesen Tagen, diese gesegneten Gottesgedenken auszusprechen.

Ehrte Musliminnen und Muslime!

Trotz ihrer Kürze sind die Festtage Zeitabschnitte, die den Segen, das Gute und die Freude von Wochen, ja sogar Monaten in sich bergen. An den Festtagen gibt es göttliche Zuwendungen und überraschende Gaben, die man in den anderen zehn Monaten, ja vielleicht in mehreren Jahren, nicht erlangen kann.

Feste sind Zeiten, in denen Entfernungen überwunden, Freundschaften gestärkt und zerstrittene Menschen wieder versöhnt werden. Richtig erlebte Festtage können dazu führen, dass Menschen, die durch gesäte Zwietracht voneinander entfremdet wurden, sich wieder annähern und einander in die Arme schließen. Gerade an den Festtagen sollten Einsamkeit und Fremdsein miteinander geteilt, traurige Gesichter zum Lächeln gebracht und bekümmerte Herzen getröstet werden. Denn: „Feste sind der praktischste Anlass für alle menschlichen Beziehungen und die geeignetste Gelegenheit für die Annäherung großer Gemeinschaften.“

Nehmen wir uns die Wegweisung unseres Propheten (F.s.m.i) zu Herzen, der die Feste als Tage der Freude und des Glücks beschrieben hat. Lassen wir es nicht zu, dass uns die Hektik des Alltags erdrückt. Wandeln wir unsere Feste in eine Initiative zur Heilung unserer Wunden um. In der sanften und toleranten Atmosphäre der Feste, die alle umfängt, sollten wir auf Entfremdete zugehen, an Aktivitäten teilnehmen, die das Miteinander fördern, die Herzen der Älteren durch Besuche erfreuen, die Kleinen durch liebevolle Worte und Geschenke beglücken – ja sogar mit Nichtmuslimen durch neue Brücken des Dialogs ein Klima des Friedens schaffen und zeigen, dass wir ihnen ohne Vorurteile begegnen.

Auch ist nichts dagegen einzuwenden, wenn in den Nächten der Festtage viel gebetet, der Koran gelesen, Gottes Namen gepriesen und Bittgebete gesprochen werden – all das wird sogar ausdrücklich empfohlen. Die Tage und Stunden des Festes sollten ganz auf Gottesdienste ausgerichtet sein; insbesondere dem Lesen religiöser Bücher sollte besondere Zeit gewidmet werden – selbst die Festtage dürfen als wertvolle Gelegenheit dafür verstanden werden. In diesen kostbaren Momenten ist es von großer Bedeutung, sich Gott zuzuwenden und im Streben nach seiner Zufriedenheit für Liebe, Geschwisterlichkeit und Menschlichkeit aktiv zu sein.

Wer die Festtage im Sinne seines Lebenszwecks und seiner geistigen Mission lebt, kann damit einen Verdienst wie beim Haddsch erlangen.

Gläubige, die am Annäherungsfest weder materielle noch geistige Hilfe für Bedürftige scheuen, können den Lohn jener erlangen, die gerade in Arafat oder Muzdelife verweilen.[4]

O Gott! Um derer willen, die in diesen gesegneten Zeiten auf Reisen gehen, nicht mit ihrer Familie feiern, sondern Bedürftigen helfen wollen, um der reinen Herzen willen, die sich Dir zugewandt haben – schenke uns auf ein einziges Bittgebet tausendfach Deine Gnade. Lass unsere Menschen und die gesamte Menschheit wieder lächeln und gewähre uns wahre Feste – sowohl in dieser Welt als auch im Jenseits. Amin!


[1] Sure el Māʾide 5:114

[2] Sūre el – Kewṯer, 108:1-2

[3] Eṣ ṣuyūṭī, djāmiʿ eṣ ṣaġīr 4\69

[4] Fethullah Gülen, Fasildan Fasila 2/147

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