
بسم الله الرحمن الرحيم
وَمِنْ شَرِّ حَاسِدٍ إِذَا حَسَدَ . وَمِنْ شَرِّ النَّفَّاثَاتِ فِي الْعُقَد
Und vor dem Übel der Zauberinnen, die auf Knoten blasen [um einen Zauberbann zu erzeugen]. Und vor dem Übel des Neidenden, wenn er neidet.[1]
In einem Hadith heißt es hierzu:
إِيَّاكُمْ وَالْحَسَدَ، فَإِنَّ الْحَسَدَ يَأْكُلُ الْحَسَنَاتِ كَمَا تَأْكُلُ النَّارُ الْحَطَبَ
Hütet euch vor dem Neid. Denn wie Feuer das Holz verzehrt, so frisst Neid die guten Taten auf.“ [2]
Ehrenwerte Musliminnen und Muslime! Unsere heutige Predigt handelt vom Neid und der Eifersucht.
Neid bedeutet, dass jemand das Glück oder die Vorzüge anderer nicht ertragen kann, Unbehagen gegenüber den Gaben und Tugenden zeigt, die anderen zuteilwurden, sich wünscht, dass diese Gaben ihnen entzogen und ihm selbst gegeben werden, und diese Auszeichnungen nur für sich selbst haben möchte. Neid ist eine fixierte Bosheit, ein zerstörerisches und vernichtendes Gefühl.
Neid ist ein Gefühl, das dem Wesen des Menschen innewohnt. Wer es jedoch versteht, dieses Gefühl richtig zu nutzen, kann durch seinen freien Willen den Neid in Bewunderung und wohlwollendes Streben verwandeln und ein tugendhafter Mensch werden. Wer sich hingegen diesem Gefühl hingibt, kann zu einem furchterregenden Ungeheuer werden.
Neid gehört zu den ersten begangenen Sünden der jenseitigen Welt und wird bis zum Jüngsten Tag immer wieder begangen werden. Der Teufel beneidete Adam (F.s.m.i), Kain beneidete Abel, die Brüder beneideten Josef (F.s.m.i), der Pharao beneidete Mose (F.s.m.i), und ein Teil der damaligen Geistlichen beneidete Jesus (F.s.m.i).
Wenn man einen Blick in die Geschichte wirft, lässt sich feststellen, dass es viele ähnliche Ereignisse gegeben hat. Das Ergebnis, das in all diesen Geschehnissen deutlich wird, ist: Der Neid hat zahllose Menschen zu Fall gebracht. Auch der Prophet Muhammed (F.s.m.i) war in seiner Zeit dem Neid und der Feindseligkeit mancher missgünstiger Zeitgenossen ausgesetzt.
So sehen wir, wie Ebū Djehl seinen Neid gegenüber Muġīra Ibn Schuʿbe mit folgenden Worten ausdrückte: „Alles, was Muhammed (F.s.m.i) überbracht hat, ist wahr. Er lügt nicht. Denn wir haben ihn bisher nie beim Lügen erlebt. Aber die Söhne Abdulmuṭṭalibs sagen: Der Dienst der Verteilung des Zemzem-Wassers an die Pilger obliegt uns, die Bewahrung der Schlüssel der Kaaba obliegt uns, die Speisung der Pilger obliegt uns. Gerade als wir noch gleichauf waren, kommen sie jetzt und sagen: ‚Auch das Prophetentum liegt bei uns.‘ Bei Gott, das kann ich nicht akzeptieren!“[3]
Wie man sieht, hat Ebū Djehl, obwohl er die Wahrhaftigkeit unseres Propheten (F.s.m.i) anerkannte, allein aus Neid die von ihm überbrachten Wahrheiten nicht akzeptiert. Er begnügte sich nicht damit, sondern trat ihm als sein erbitterter Gegner entgegen. So sehr, dass er den Beinamen „Pharao der Umma“ verdiente. Schon dieses eine Beispiel zeigt sehr deutlich, wozu Neid einen Menschen bringen kann.
Neid ist, wie in allen Zeiten, auch heute eine weitverbreitete Krankheit. Der Neidende denkt oft, dass auch sein Gegenüber ihm gegenüber dieselben negativen Gefühlen hege, und betrachtet daher seinen eigenen Neid als gerechtfertigt. Er lästert über die Person, auf die er neidisch ist, und bedenkt sie mit Verleumdungen. Wenn dieses Gefühl sehr stark wird, schrecken manche Menschen nicht davor zurück, anderen leichtfertig den Glauben abzusprechen und, wenn sich die Gelegenheit bietet, selbst vor einem Mord nicht haltzumachen. Danach kleiden sie das von ihnen begangene Verbrechen in eine ihnen passende Rechtfertigung und betiteln andere Muslime aus ihrem Neid heraus als Verkenner Gottes.
Der Gesandte Gottes (F.s.m.i) hat die Gläubigen eindringlich davor gewarnt, dem Neid zu verfallen, und sagte: „Hütet euch vor dem Neid! Denn wie Feuer das Holz verzehrt, so frisst Neid die guten Taten auf.“
Ein neidischer Mensch ist jemand, der mit dem, was Gott für ihn und andere im Schicksalsplan bestimmt hat, nicht zufrieden ist, und so gesehen kritisiert er damit das Wirken Gottes. Der Neidende zerstört sich selbst, noch bevor der Beneidete überhaupt Schaden nimmt. Sein Herz wird geschwächt, er verspürt körperliche Schwäche, verliert den Schlaf, kann nicht mehr ausgeglichen handeln und beginnt, in seiner Unruhe unkontrolliert um sich zu schlagen. Hasan el-Baṣrī (möge Gott mit ihm zufrieden sein) weist auf diese Wahrheit hin mit den Worten: „Ich habe keinen Unterdrücker gesehen, der dem Unterdrückten so ähnlich ist wie ein Neider.“
Solche spirituellen Krankheiten beginnen oft mit kleinen Abweichungen. Wenn der freie Wille nicht genutzt und keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, verwandeln sie sich mit der Zeit in seelische Leiden. Wenn solche Krankheiten, sobald sie erstmals im Verstand auftauchen und im Herzen gespürt werden, nicht durch Reue und Bitte um Vergebung sofort beseitigt werden und ihnen stattdessen Raum zur Entfaltung gelassen wird, können sie schließlich zur vollständigen Verfinsterung oder gar Versiegelung des Herzens führen. Bediuzzaman Said Nursi beschreibt die Eigenart der Sünden folgendermaßen: „In jeder Sünde liegt ein Weg, der zum Verkennen Gottes führen kann. Wenn diese Sünde nicht durch Reue schnell ausgelöscht wird, wird sie zu keiner kleinen Made, sondern zu einer kleinen spirituellen Schlange, die das Herz beißt.“[4]
Der Gläubige empfindet nur bewunderndes Nacheifern. „Gıpta“ bzw. bewunderndes Nacheifern bedeutet, sich eine Gnade, die jemand anderem zuteilwurde, auch für sich selbst zu wünschen, ohne zu wollen, dass der andere sie verliert. Es ist das Streben danach, ebenfalls an guten Eigenschaften oder Erfolgen teilzuhaben.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass man den Trieb des bewundernden Nacheiferns anderer nicht unnötig reizen sollte. Das ist eine Verantwortung, die bei denen liegt, die sich in einer beneidenswerten Lage befinden. Bediuzzaman betont dies, wenn er bei der Aufzählung der Prinzipien der Reinheit der Absicht und der Rechte der Geschwisterlichkeit darauf hinweist, dass man „nicht durch das Zurschaustellen eigener Tugenden den Trieb nach bewunderndem Nacheifern bei anderen wecken“ solle.[5] Ständig die eigenen Verdienste zu betonen, das Gespräch immer wieder auf eigene Erfolge zu lenken, Erfolge sich selbst zuzuschreiben und stets im Vordergrund erscheinen zu wollen, bedeutet, sich in gefährliche Bereiche zu begeben.
Indem man die einem verliehenen Gaben offen zur Schau stellt, weckt man den Hass und Zorn der Feinde und den Trieb des bewundernden Nacheiferns der Freunde und lädt dadurch andere zur Sünde sowie zu Hindernissen ein, die einem selbst im Weg stehen können.
Im Wettlauf um das Gute gibt es keine Konkurrenz im Sinne von Neid oder bewunderndem Nacheifern. Denn in diesem Wettlauf gibt es keine begrenzte Beute, die verteilt werden müsste, und keinen Preis, den nur bestimmte Personen erhalten.
Der Anteil des einen schmälert nicht den des anderen. Es ist wie mit dem Licht: Dass der eine davon profitiert, hindert den anderen nicht daran, ebenfalls davon zu profitieren. Die aufrichtigen Schüler des Korans sind daher weder neidisch noch verweilen sie in der Nähe des Neides, etwa im Bereich des bewundernden Nacheiferns, aber sie wetteifern im Guten.
Geehrte Gläubige!
Der wichtigste und wirksamste Weg, um sich von einer so gefährlichen Krankheit wie dem Neid zu befreien, besteht darin, beständig in Versammlungen zusammenzukommen und über den Geliebten (gemeint ist Gott) zu sprechen und so den Glauben stets zu erneuern. Solche Krankheiten können nur durch Glaubenswahrheiten geheilt werden, die im Gewissen immer als frisch und lebendig empfunden werden. Man kann über die materiellen und geistigen Schäden des Neides nachdenken. Wenn man sich bewusst macht, dass die weltliche Seite der Gaben, die Gott anderen verliehen hat, vergänglich ist, kann man Wege suchen, die eigenen Gaben zu verewigen und sinnvoll zu nutzen.
Unsere Bitte an unseren Herrn ist, dass Er uns das Bewusstsein schenkt, die Verdienste und Tugenden unserer Glaubensgeschwister so anzuerkennen, als wären sie unsere eigenen – und es uns ermöglicht, uns darüber aufrichtig darüber zu freuen. Amin!
[1] Sure el-Felaq 112:4–5.
[2] Ebū Dāwud, Edeb, 44.
[3] Buchārī, Edeb 74.
[4] Said Nursi, Lemalar, 2. Lema.
[5] Saıd Nursi, Lemalar, 21. Lema, Ikinci Düstur.