Ebū ʿUbeyda bin Djerrāḥ

بِسْمِ اللّٰهِ الرَّحْمَنِ الرَّحِيمِ

وَالسَّابِقُونَ الْاَوَّلُونَ مِنَ الْمُهَاجِر۪ينَ وَالْاَنْصَارِ وَالَّذ۪ينَ اتَّبَعُوهُمْ بِاِحْسَانٍۙ رَضِيَ اللّٰهُ عَنْهُمْ وَرَضُوا عَنْهُ وَاَعَدَّ
لَهُمْ جَنَّاتٍ تَجْر۪ي تَحْتَهَا الْاَنْهَارُ خَالِد۪ينَ ف۪يهَٓا اَبَدًاۜ ذٰلِكَ الْفَوْزُ الْعَظ۪يمُ

Die Ersten und Vordersten (die den Islam annehmen und die anderen an Tugend übertreffen) unter den Auswanderern und den Helfern und jenen, die ihnen in Ergebenheit und dem Verrichten guter Taten nacheifern, wobei sie sich bewusst sind, dass Gott sie sieht – Gott hat Wohlgefallen an ihnen, und sie sind wohl zufrieden mit Ihm, und Er hat für sie Gärten bereitet, die von Strömen durchflossen sind; dort sollen sie ewig verweilen. Das ist die höchste Glückseligkeit.

(Sure 9 Vers 100)

Überlieferung des Propheten Muhammed ( F.s.m.i)

                                                                              أَصْحَابِي كَالنُّجُومِ فَبِأَيِّهِمْ اِقْتَدَيْتُمْ اِهْتَدَيْتُمْ

Meine Gefährten sind wie Sterne, an wen ihr euch auch richtet, findet ihr die Rechtleitung.

(Aliyyülkârî, el-Esrâru’l-merfûa – schwache Überlieferung)

Ehrenwerte Musliminnen und Muslime! Die heutige Predigt handelt vom Gefährten Ebū ʿUbeyda bin Djerrāḥ ( Gott habe Wohlgefallen mit ihm).

Der Koran sagt über unseren geehrten Propheten (F.s.m.i), der auf dem Höhepunkt der Tugendhaftigkeit steht: “Wahrlich, du bist von erhabener Gesittung.” ( 68:4). Unser verehrter Prophet, der Stolz der Welt, hat in seinem Leben die schönste Moral, Tugend vorgelebt und ist für uns ein Vorbild. Der Koran ermutigt uns, ihn als Vorbild zu nehmen und ihm zu folgen. ( 33:21). Auch unter den Gefährten des Gesandten Gottes (F.s.m.i), über die er sagte: “Meine Gefährten sind wie Sterne,” gibt es viele wunderbare Beispiele für uns. Einer von ihnen ist Ebū ʿUbeyda bin Djerrāḥ ( Gott habe Wohlgefallen an ihm), der den Titel “Der Vertrauenswürdige der Umma” erhielt.

Der vollständige Name von Ebū ʿUbeyda bin Djerrāḥ ist ʿĀmir ibn ʿAbdullāh ibn el-Djerrāḥ. Er ist besser bekannt unter seinem Ehrennamen Ebū ʿUbeyda und wird nach seinem Großvater el-Djerrāḥ benannt, nicht nach seinem Vater. Er wurde etwa vierzig Jahre vor der Hidschra geboren. Noch bevor der Prophet (F.s.m.i) das Haus von el-Erqam betrat, also in der frühen Phase des Islam, wurde er dem Propheten (F.s.m.i) durch Ebū Bekr ( Gott habe Wohlgefallen an ihm) vorgestellt und nahm den Islam an.

Als der Islam verkündet wurde, gab es in Mekka nur etwa 15 oder 17 Menschen, die lesen und schreiben konnten, und einer von ihnen war Ebū ʿUbeyda. Er war auch in den Bereichen Handel, Reiten, Bogenschießen und Schwertkampf ausgebildet und ein angesehener und respektierter Angehöriger seines Stammes. Sein Vater begann ihn zu verfolgen, sobald er erfuhr, dass sein Sohn Muslim geworden war. Als diese Verfolgungen unerträglich wurden, schloss er sich der Karawane an, die nach Abessinien auswanderte.

Ebū ʿUbeyda war einer der Lieblinge des Gesandten Gottes (F.s.m.i). In einer Überlieferung von ʿAbdullāh ibn Shāqīq wird (Gott habe Wohlgefallen an ihm) dies wie folgt beschrieben: Ich fragte ʿĀ’isha (Gott habe Wohlgefallen an ihr), “Wer waren die dem Propheten liebsten Gefährten?” Sie sagte, “Ebū Bekr.” Ich fragte, “Und wer danach?” Sie sagte, “ʿUmar.” Ich fragte, “Und wer danach?” Sie sagte, “Ebū ʿUbeyda ibn el-Djerrāḥ.” Ich fragte, “Und wer danach?” Sie schwieg. (Tirmizi, Menāqib, 14)

Lasst uns nun einen Blick auf das Leben von Ebū ʿUbeyda ibn el-Djerrāḥ ( Gott habe Wohgefallen an ihm) werfen, um zu erfahren, wie er die Liebe des Propheten (F.s.m.i) gewonnen hat.

Ebū ʿUbeyda war ein Liebhaber des Gesandten Gottes (F.s.m.i). Seit dem Tag, an dem er den Islam kennengelernt hatte, stand er immer an der Seite des Propheten. Er konnte es nicht ertragen, wenn dem Propheten etwas zustieß. Am Tag von Uhud, mussten die Gläubigen sich gegen den Angriff der Mekkaner verteidigen. Währenddessen haben sich zwei Metallringe des Helms sich in die gesegneten Wangen des Propheten gebohrt. Als Ebū ʿUbeyda den Propheten dies sah, dachte er, dass das Entfernen der Ringe mit der Hand dem Propheten mehr Schmerz zufügen würde, also beschloss er, sie mit seinen Zähnen herauszuziehen. Der Prophet lag auf dem Boden. Ebū ʿUbeyda kniete sofort an seinem Kopf und packte zunächst den Ring in der rechten Wange des Propheten fest mit seinen Zähnen und zog ihn schnell heraus. Der Ring löste sich, aber einer von Ebū ʿUbaydas Schneidezähnen fiel ebenfalls zu Boden. Als Ebū Bekr dies sah, konnte er es nicht ertragen und bat, den zweiten Ring selbst herauszuziehen. Doch Ebū ʿUbeyda erlaubte es nicht. Diesmal wandte er sich dem Ring in der linken Wange des Propheten zu, packte ihn fest mit seinen Zähnen und zog ihn mit einem Ruck heraus. Dabei verlor er auch seinen zweiten Schneidezahn. Von diesem Tag an lebte Ebū ʿUbeyda ohne seine Schneidezähne weiter. Aufgrund dessen konnte er beim Lesen des Korans und beim Sprechen bestimmte Buchstaben nicht richtig aussprechen. Die Araber pflegten, sich über Menschen lustig zu machen, die „hetem“ genannt wurden, weil ihnen die Schneidezähne fehlten. Doch Ebū ʿUbeyda wurde deswegen von niemandem verspottet. Tatsächlich sagte Ebū Bekr über ihn: “Er ist der schönste aller ‘hetem’.”

Der Vertrauenswürdigste unter den Menschen. Der Gesandte Gottes (F.s.m.i) sagte: “Jede Gemeinschaft hat einen Vertrauenswürdigen. Der Vertrauenswürdige dieser Gemeinschaft ist Ebū ʿUbeyda.” (Tirmizi, Menāqib, 33)

Als die Menschen im Jemen jemanden suchten, der ihnen den Koran lehrt, und die Christen von Najran jemanden wollten, der ihre Steuern einsammelt, beauftragte der unser Prophet (F.s.m.i), Ebū ʿUbeyda, indem er sagte: “Der Vertrauenswürdige der Umma ist Ebū ʿUbeyda.”

Ebū ʿUbeyda war ein Asket… Eines Tages besuchte ʿUmar (Gott habe Wohlgefallen an ihm)  ihn in seinem Haus und fand dort nur eine Schliffmatte, ein Teller, einen Trinkbeutel und ein paar Brotkrümel vor. Angesichts dieser Szene vergoss ʿUmar Tränen. Ein anderes Mal schickte Hz. ʿUmar seinem Diener etwas Geld mit der Anweisung, zu beobachten, was Ebū ʿUbeyda damit tun würde.  Als er erfuhr, dass Ebū ʿUbeyda das Geld an Bedürftige verteilte, sagte er freudig: “Gott sei Dank, dass es unter den Muslimen jemanden gibt, der so handelt.”

Ein weiteres Mal wollte ʿUmar (Gott habe Wohlgefallen an ihm) seinen engen Freund Ebū ʿUbeyda zu Hause besuchen, um dessen Lebensweise mit eigenen Augen zu sehen. Sie gingen gemeinsam zu seinem Haus.Er betrat das Haus und sah darin ein Schwert, eine Rüstung und einige wenige Haushaltsgegenstände. Daraufhin fragte er: “Hast du nichts anderes?” Ebū ʿUbeyda antwortete: “Diese Dinge reichen mir aus.” Mit Tränen in den Augen sagte: ʿUmar: “O Ebū ʿUbeyda, die Welt hat alle verändert, aber dich konnte sie nicht verändern.” (Abū Dāwūd, Zuhd, 123)

Als ʿUmar auf dem Sterbebett lag, nachdem er erstochen worden war, sagte er: “Wäre Abū ʿUbayda noch am Leben, würde ich ihn als meinen Nachfolger empfehlen.” (Ibn Abī Shayba, Musannaf 6/391)

Abū ʿUbayda war gut ausgebildet… Der Prophet wies diejenigen, die Wissen erwerben wollten, oft an, zu Ebū ʿUbeyda zu gehen, der ein guter Koranrezitator war. Als Ebū Saʿlebe eines Tages zum Propheten kam und um jemanden bat, der ihn unterweist, sagte der Prophet: “Ich werde dich zu jemandem schicken, der sowohl dein Wissen als auch deinen Charakter verschönern wird,” und schickte ihn zu Ebū ʿEbayda.

Ebū ʿUbeyda war einer der zehn, die schon zu Lebzeiten die frohe Botschaft des Paradieses erhielten, die sogenannten Aschara Mubaschara. Im 18. Jahr der Hidschra, als eine Pestepidemie ausbrach, starb er im Alter von 58 Jahren in Amwas an der Front. Als die Nachricht von seinem Tod ʿUmar (Gott habe Wohlgefallen an ihm) erreichte, konnte er seine Tränen nicht zurückhalten. Muʿāḏ ibn Djebel leitete das Totengebet mit Tränen in den Augen und sagte: “O Menschen! Heute habt ihr jemanden verloren, von dem ich schwöre, dass ich niemanden gesehen habe, der barmherziger, mitfühlender, freigiebiger, fern von Zorn und Bösem, hilfsbereiter, ratsamer und sehnsüchtiger nach dem Jenseits war als Ebū ʿUbeyda. Möge Gott Ebū ʿUbeyda in seiner Barmherzigkeit aufnehmen!” (Hākim, al-Mustadrak, Bd. 3, S. 318-325)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ebū ʿUbeyda, der “Vertrauenswürdige der Umma,” ein Symbol für Treue, Eifer, Opferbereitschaft, Wissen, Frömmigkeit, Bescheidenheit und Askese war. Manchmal war er ein vertrauenswürdiger Schatzmeister, manchmal ein zuverlässiger Lehrer für Wissenssuchende und manchmal ein gewissenhafter Kommandant an der Spitze einer Armee. Er bildete sich umfassend und erfüllte jede ihm übertragene Aufgabe vollständig. Neben der Tiefe seines Gottesdienstes lebte er ein sehr ausgewogenes weltliches Leben, geprägt von Hingabe, Bescheidenheit und Askese.

Möge Gott uns an seiner Fürsprache teilhaben lassen. Amin.

Let's get Social

Wir würden uns freuen, von Ihnen in unserem sozialen Netzwerk zu hören.
Islamische Akademie für Bildung und Gesellschaft e.V.
Café der Reflexionen