Die Opferbereitschaft von Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm)

بسم الله الرحمن  الرحيم

وَمَا لِأَحَدٍ عِنْدَهُ مِنْ نِعْمَةٍ تُجْزَى (19) إِلَّا ابْتِغَاءَ وَجْهِ رَبِّهِ الْأَعْلَى (20) وَلَسَوْفَ يَرْضَى 

19. Ohne dass es jemanden gäbe, der ihm einen Gefallen erwiesen hat, sodass er dafür etwas zu geben hätte, oder irgendeine Vergeltung erwarten würde für das, was er hingibt.

20. (Vielmehr gibt er) nur weil er sich danach sehnt, das Wohlgefallen seines Herrn, des Höchsten, zu erlangen.

 21. Gewiss wird er wohl zufrieden sein (mit seinem Herrn, und sein Herr mit ihm).[1]

In einer Überlieferung des Propheten (F.s.m.i) heißt es:

              فَعَلَيْكُمْ بِسُنَّتِي وَسُنَّةِ الْخُلَفَاءِ الرَّاشِدِينَ الْمَهْدِيِّينَ عَضُّوا عَلَيْهَا بالنَّوَاجِذِ 

„So haltet fest an meiner Sunna und an der Sunna derer, die auf dem Rechten Weg sind, also der  rechtgeleiteten Kalifen; beißt euch daran mit den Backenzähnen fest.“[2]

Wenn man an Ebū Bekr (Gott habe Wohlgefallen an ihm) denkt, kommen einem vor allem Folgendes in den Sinn: dass er zu den ersten Muslimen zählte, der erste der rechtgeleiteten Kalifen (632–634) war, dem Gesandten Gottes in jeder Hinsicht nahe stand sowie durch Wahrhaftigkeit und Großzügigkeit herausragte. Sein Leben lang stand er auf der Seite der Armen und Bedürftigen, mied Verschwendung und setzte sein Vermögen für das Gute ein.

Seine finanziellen Möglichkeiten nutzte er stets dafür, sich anderer anzunehmen, sie zu retten, zu fördern und am Leben zu erhalten.

Die meisten Mekkaner begannen, diejenigen, die Muslime geworden waren, schwer zu foltern. Besonders jene, die als Sklaven den Islam angenommen hatten, wimmerten unter der Unterdrückung ihrer Herren. Für Ebū Bekr (Gott habe Wohlgefallen an ihm) war es äußerst schwer, seine gläubigen Geschwister in einem solchen Zustand zu sehen. Daher gab er sein bis dahin im Handel erworbenes großes Vermögen aus, um schwache und schutzlose Muslime zu befreien, kaufte sie von ihren Besitzern los und schenkte ihnen die Freiheit.

Als Erstes kaufte und befreite er den ehrwürdigen Bilāl und dessen Mutter Hamāme (Gottes Wohlgefallen mit ihnen), die schwerster Folter ausgesetzt waren, und rettete sie damit sowohl aus der Sklaverei als auch aus der Qual. In den darauffolgenden Tagen zahlte er hohe Summen für weitere Sklaven, befreite auch sie und erlöste sie aus den Qualen ihrer Herren.

Diese Handlungen verärgerten seinen Vater Ebū Kuhāfe. Er sagte zu seinem Sohn Ebū Bekr, er solle statt der schwachen und kraftlosen lieber starke und kräftige Sklaven kaufen und sie für seine Arbeiten einsetzen. Daraufhin erklärte Ebū Bekr, dass sein Ziel nicht darin bestehe, von ihnen zu profitieren, sondern sie von Unterdrückung zu befreien und Gottes Wohlgefallen zu erlangen. Diese Absicht und seine Taten wurden auch von Gott gewürdigt und in dem Vers, den wir am Anfang unserer Predigt rezitiert haben, zum Ausdruck gebracht.

Als Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) bei der Auswanderung seine Familie nicht aus Mekka herausbringen konnte, nahm er den Rest seines Vermögens mit sich.[3] Kaum in Medina angekommen, beschloss der Gesandte Gottes (F.s.m.i), auf dem Land, wo sein Kamel Qaswā sich niederließ, eine Moschee zu errichten. Er ließ die Besitzer des Grundstücks ausfindig machen, traf mit ihnen eine Vereinbarung und bat Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) den Preis zu bezahlen und das Gelände zu erwerben. Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) kaufte das Grundstück und widmete es für den Moscheebau. Dort errichtete der Gesandte Gottes (F.s.m.i) dann die zweitheiligste Gebetsstätte der Erde: die Prophetenmoschee.[4] 

Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm), der sich stets in der unmittelbaren Nähe des Gesandten Gottes (F.s.m.i) befand und ihm beratend zur Seite stand, konnte Medina nicht verlassen. Seine Handelsgeschäfte führte er überwiegend innerhalb von Medina fort. Die Einkünfte, die er von hier erzielte, , verwendete er auf dem Wege Gottes, um die Sorgen und Probleme der Muslime zu beseitigen.

Im neunten Jahr der Auswanderung, als das Heer für den Feldzug nach Tebūk ausgerüstet werden sollte, rief der Gesandte Gottes (F.s.m.i.) zu allgemeiner Opferbereitschaft auf. Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) war der Erste, der kam, und er gab sein gesamtes Vermögen auf dem Wege Gottes hin. Als der Gesandte Gottes ihn fragte, ob er seiner Familie etwas hinterlassen habe, antwortete er: „Ich habe ihnen Gott und Seinen Gesandten hinterlassen.“

ʿUmar (Gottes Wohlgefallen mit ihm), der ihm im Spenden nacheifern wollte und die Hälfte seines Vermögens brachte, sagte angesichts der Opferbereitschaft Ebū Bekrs (Gottes Wohlgefallen mit ihm), dass man ihn auch in diesem Bereich niemals übertreffen könne.

Während seiner Kalifatszeit saß Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) zusammen mit Hāris ibn Kelede bei einer Mahlzeit, die man ihnen darbrachte. Kaum hatten beide einen Bissen genommen, sagte Hāris: „O Nachfolger des Gesandten Gottes! Zieh deine Hand zurück! In diesem Essen befindet sich Gift! Du und ich, wir werden am gleichen Tag sterben!“ Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) zog zwar seine Hand zurück, doch das Gift war bereits in ihre Körper eingedrungen.[5]

Mit der Zeit verstärkte sich die Wirkung des Giftes, und Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm), der der Krankheit nicht länger standhalten konnte, wurde bettlägerig. Als er spürte, dass sein Lebensende nahte, begann er, Ratschläge und Vermächtnisse auszusprechen , alles im Hinblick auf das Wohl der Gemeinschaft, ihre Einheit und ihren Zusammenhalt. Als es schließlich um seine eigene Bestattung ging, wandte er sich an seine Tochter ʿĀʾischa (Gottes Wohlgefallen mit ihr) und sprach: „Wenn ich gestorben bin, wascht meine alten Kleider und macht sie mir zu einem Leichentuch!“ ʿĀʾischa erwiderte: „O mein Vater! Gott hat dir Güter und Wohltaten gegeben, wir können dich mit neuem Stoff bestatten!“ Doch Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) entgegnete: „Ein lebender Mensch braucht neues Tuch mehr, denn er trägt es und schützt sich damit. Was man dem Toten als Leichentuch gibt, wird doch nur vergehen.“

So geschah es, wie er es gesagt hatte: Die vorgesehenen neuen Stoffe wurden Bedürftigen gegeben, und Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) wurde in seinen alten Kleidern bestattet. Selbst im Sterben dachte er an andere und plante, noch durch seinen Tod jemandem beizustehen.[6]

Ehrwürdige Gläubige!

Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) stieß in der kurzen Zeit seines Kalifats auf sehr große Schwierigkeiten, doch er löste sie alle nacheinander.

Jahre nach dem Tod von Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) begegnete ein Mann Bilāl (Gottes Wohlgefallen mit ihm). Unter Bezugnahme auf das Pferderennen, das an jenem Tag stattgefunden hatte, fragte er: „Wer ist vorbeigezogen und Erster geworden?“ Bilāl (Gottes Wohlgefallen mit ihm), der sich in Gedanken in die Zeit des Gesegneten Zeitalters versetzte, antwortete: „Muḥammed (F.s.m.i)!“ Daraufhin fragte derselbe Mann: „Und wer kam im Rennen nach ihm?“ Bilal (Gottes Wohlgefallen mit ihm) erwiderte: „Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm).“ Als der Mann den Scherz Bilals (Gottes Wohlgefallen mit ihm) verstand, sagte er: „Ich meinte nur das heutige Pferderennen.“ Bilal (Gottes Wohlgefallen mit ihm) antwortete: „Wenn ich von Rennen spreche, dann kenne und meine ich nur den Wettstreit im Guten.“[7]

Unser Bittgebet an unseren Herrn ist: Möge Er uns die Treue und Aufrichtigkeit von Ebū Bekr (Gottes Wohlgefallen mit ihm) verleihen und uns im Jenseits unter jenen Sternen auferstehen lassen. Amin!


[1] Sure el Leyl 92:19-21

[2] Ebū Dawūd, Sunna 5

[3] Ibn Hischâm, Sîra 225

[4] Ibn Sa’d, Tabaqât 1/174

[5] Ibn Saʿd, Ṭabaqāt 3/148

[6] Ibn Saʿd, Ṭabaqāt 3/146, 147, 154

[7] Ibn Saʿd, Ṭabaqāt 3/127

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