Die Tugend und der Anstand unseres Propheten (F.s.m.i)

بسم الله الرحمن الرحيم

لَقَدْ كَانَ لَكُمْ ف۪ي رَسُولِ اللّٰهِ اُسْوَةٌ حَسَنَةٌ لِمَنْ كَانَ يَرْجُوا اللّٰهَ وَالْيَوْمَ الْاٰخِرَ وَذَكَرَ اللّٰهَ كَث۪يرًا

„Ihr habt fürwahr im Gesandten Gottes ein ausgezeichnetes Vorbild, dem ihr folgen könnt, für jeden, der auf Gott hofft und auf den Jüngsten Tag und sich an Gott erinnert und Seiner häufig gedenkt.“[1]

In einem Hadith heißt es:

                     أَدَّبَنِي ربِّي فأَحْسَنَ تَأْدِيبِي   

„Mein Herr hat mich erzogen, und wie schön hat Er mich erzogen!“[2]

Ehrenwerte Musliminnen und Muslime! Unsere heutige Predigt handelt von der Tugend und dem Anstand unseres Propheten (F.s.m.i.).

Edeb bzw. Anstand ist eine zweite Natur, die durch die Prinzipien der Religion im Geist verankert wird – oder in einem weiteren Sinn: die Festigung des Geistes durch ihre innere Verbindung mit der Religion. Derjenige, der die schöne Moral am vollkommensten lebt und verkörpert, ist zweifellos unser Prophet (F.s.m.i.). Aus seinem Leben kann jeder Mensch unzählige Tugenden, Schönheiten und viele Lehren schöpfen.

Im Koran heißt es über seine Edle Tugend: وَاِنَّكَ لَعَلٰى خُلُقٍ عَظ۪يمٍ  „Und du hast wahrlich hervorragende Eigenschaften und handelst nach einem hervorragenden Muster.“[3] In diesem Zusammenhang ist es für uns verpflichtend, uns diese Tugend anzueignen.

Natürlich ist es eine Kernaufgabe (farḍ), sich mit den verpflichtenden Tugenden zu disziplinieren; es ist eine Soll- Aufgabe (Wādjib), sich mit dem nötigen zu disziplinieren; es ist eine Sunna, sich mit dem Verhalten der Sunna zu disziplinieren.

Von Abdullah ibn al-Mubarak wird überliefert, dass er sagte: “Wer in Angelegenheiten des Anstands (edeb) in der Religion nachlässig ist, wird mit  dem Verlust der Sunna bestraft. Wer in der Sunna nachlässig ist, wird mit dem Verlust der Pflichten (farḍ) bestraft. Und wer in den Pflichten nachlässig ist, wird mit dem Verlust der Gotteserkenntnisbestraft.”

In unseren Quellen werden der Anstand und die Tugend des Propheten (F.s.m.i) wie folgt geschildert:

Unser Prophet (F.s.m.i) war der feinfühligste unter den Menschen, von edelster Natur, von tiefster innerer Anmut und der Zarteste im Verhalten.

Enes ibn Mālik berichtet über ihn: „Wenn ihm jemand eine Frage stellte, hörte er mit voller Aufmerksamkeit zu und wandte sich nicht ab, bevor der Fragesteller selbst gegangen war.“ Er zeigte große Gastfreundschaft gegenüber denjenigen, die ihn besuchten, und breitete sogar seinen Mantel für sie aus, damit sie sich setzen konnten. Er unterbrach niemanden beim Sprechen und ließ niemanden das Wort abbrechen.

Da er selbst als Waise aufgewachsen war, wusste er genau, wie schwer es ist, ohne Eltern aufzuwachsen. Deshalb zeigte er Waisen gegenüber großer Barmherzigkeit. In seinem Haus fehlte nie ein Waisenkind. Als er Hz. Ummu Salama heiratete, lebten fünf Waisenkinder bei ihm – als Hinterlassenschaft von Hz. Khadidsche. An einem Festtag sah er einen Waisenjungen, der hungrig, traurig und vernachlässigt in einer Ecke saß. Er nahm ihn zu sich, gab ihm zu essen, kleidete ihn ein – und nahm ihn als Pflegekind an.

Wenn der Gesandte Gottes (F.s.m.i) ein Kind sah, hellte sich sein gesegnetes Gesicht vor Freude und Glück auf. Er (F.s.m.i)nahm das Kind auf den Arm, umarmte es und zeigte seine Liebe. Dass er (F.s.m.i) Kindern Wert beimaß, zeigte er, indem er (F.s.m.i) ihnen den Friedensgruß gab und  sich nach ihrem Befinden erkundigte. Einmal schloss er (F.s.m.i) sich sogar spielenden Kindern an, die ein Wettrennen veranstalteten, und teilte ihre Freude. Bei jeder Rückkehr von einer Reise, wenn er nach Medina einritt, saß stets ein Kind hinter ihm auf seinem Kamel. Manchmal setzte er Hasan auf das eine Knie, ʿUsama auf das andere, umarmte sie und sprach: „O Gott, erbarme Dich dieser Kinder.“

Seine gesegnete Zunge war stets mit dem Wort „Elḥamdulillah“ – „Alles Lob gebührt Gott“ – beschäftigt. Er betete oft die Nächte hindurch. Als ihn seine Ehefrau einmal fragte: „Warum quälst du dich so sehr?“, antwortete er: „Sollte ich denn kein dankbarer Diener meines Herrn sein?“ Wenn ihn eine freudige Nachricht erreichte, vollzog er sogleich einen Dankes-Niederwurf (Schukr-Sedschde).

Wenn er (F.s.m.i) einen Kranken oder einen Menschen mit Einschränkungen sah, betete er für ihn und lobte Gott für die Gaben, die Er ihm selbst gewährt hatte. Er (F.s.m.i) war auch ein Held der Geduld.

Betrachtet man sein Leben, sieht man, dass er seinen Vater noch vor seiner Geburt verlor, mit sechs Jahren seine Mutter und mit acht seinen Großvater. Später, im selben Jahr, verlor er sowohl seine geliebte Ehefrau Hz. Khadidsche als auch seinen Onkel Ebū Ṭālib. Außer seiner Tochter Fatima musste er all seine Kinder vor sich selbst zu Grabe tragen. Er ertrug viele Leiden, wurde beleidigt, litt Hunger, erkrankte – doch begegnete all dem mit Geduld und erwähnte diese Prüfungen kaum.

Sein Haus war niemals frei von Gästen. Dabei machte er keinen Unterschied zwischen Religion, Herkunft oder sozialem Status. Zu seinen ständigen Gästen gehörten auch die Gefährten von Suffa – Gefährte, die sich gemäß dem Befehl des Koran ganz dem  Wissen gewidmet hatten. Er übernahm nicht nur ihre religiöse Ausbildung, sondern auch ihre Versorgung. Wenn es etwas zu essen gab, ließ er zuerst sie essen, und erst danach seine eigene Familie.

Ummu Ma’bed beschreibt das äußere Erscheinungsbild unseres geliebten Propheten (F.s.m.i) wie folgt: „Er war von makelloser Erscheinung und nett; sein Gesicht strahlte. Sein Körperbau war schön. Er war weder zu dick noch zu dünn, also ohne Mangel. Er hatte ein schönes und harmonisches Aussehen. Das Schwarz und Weiß seiner Augen waren deutlich erkennbar. Seine Wimpern waren lang. Seine Stimme war voll und kräftig. Seine Augen waren groß und mit Kajal betont. Seine Augenbrauen waren fein, lang und zusammengewachsen. Sein Haar war schwarz. Er hatte einen langen Hals. Sein Bart war dicht und voll. Wenn er schwieg, wirkte er würdevoll. Wenn er sprach, richtete er sich auf und strahlte dadurch eine besondere Edelmütigkeit aus. Er sprach deutlich und langsam. Seine Worte waren so süß, dass sie wie Perlen aus seinem Mund flossen. Seine Sprache war klar und verständlich, weder zu langatmig noch zu kurz. Aus der Ferne betrachtet war er der schönste und liebenswerteste Mensch; aus der Nähe hatte er ein liebliches und angenehmes Aussehen. Er war von mittlerer Größe. Unter den drei Anwesenden war er der mit dem hellsten Gesicht und der höchsten Wertschätzung. Er hatte Freunde, die ihm wie Motten umschwärmten. Wenn er etwas sagte, hörten sie aufmerksam zu; wenn er befahl, führten sie es sofort aus. Was er tat und sagte, war wederleer noch bedeutungslos.“[4]

Er (F.s.m.i) hat sein ganzes Leben lang weder einem Diener, noch einer Frau, einem Kind, irgendeinem Menschen oder Tier jemals Gewalt angetan. Er (F.s.m.i) war der schönste, freigiebigste und mutigste unter den Menschen. Keine Bitte, die an ihn herangetragen wurde, lehnte er ab. Allein sein Verhalten am Tag der Eroberung Mekkas, geprägt von Toleranz und Demut, genügt als klarer Beweis für seine vollkommene Persönlichkeit und seine Prophetie. Denn er (F.s.m.i) war mit großer Macht nach Mekka eingezogen, und zuvor hatten die Mekkaner, nachdem sie ihn und seine Gefährten in den Straßen Mekkas eingekesselt hatten, seine Onkel, Cousins, Freunde und Unterstützer getötet. Sie hatten seine Gefährten auf jede erdenkliche Weise gefoltert, ihn selbst verletzt, unterdrückt, hungern lassen, beleidigt und sogar Attentatsverschwörungen geplant.

Doch als er entgegen all dem Mekka betrat und die Mekkaner gedemütigt und besiegt waren, hielt er eine Rede, in der er Gott dankte und lobte, und sagte: „Wie mein Bruder Joseph sagte: Heute gibt es keine Verurteilung für euch. Möge Gott euch vergeben; denn Er ist der Barmherzigste der Barmherzigen.“

Möge Gott uns mit dem Charakter unseres Propheten ausstatten und uns zu einer seiner würdigen Gemeinschaften machen. Amin!


[1] Sūre el-Aḥzāb 33:21

[2] Munāwī, Feyz el Qadīr, 1\225

[3] Sure el Qalem 68:4

[4] Ḥākim, el Musstedrek, III, 10, Nr. 4274

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