Der Freitag und das Freitagsgebet

بسم الله الرحمن الرحيم

                                             

يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا إِذَا نُودِيَ لِلصَّلاَةِ مِنْ يَوْمِ الْجُمُعَةِ فَاسْعَوْا إِلَى ذِكْرِ اللهِ وَذَرُوا الْبَيْعَ ذَلِكُمْ خَيْرٌ

لَكُمْ إِنْ كُنْتُمْ تَعْلَمُونَ

„O Ihr, die ihr glaubt! Wenn der Ruf zum Gebet am Freitag ertönt, dann eilt herbei zum Gedenken Gottes (in dem ihr der Ansprache zuhört und das Gebet verrichtet), und lasst euren Handel ruhen (oder das, womit ihr gerade beschäftigt seid). Das ist besser für euch, wenn ihr es doch nur wüsstet.“[1]

In einem Hadith heißt es:

الصَّلَوَاتُ الْخَمْسُ، وَالْجُمْعَةُ إِلَى الْجُمْعَةِ، وَرَمَضَانُ إِلَى رَمَضَانَ، مُكَفِّرَاتٌ مَا بَيْنَهُنَّ إِذَا اجْتَنَبَ

الْكَبَائِرَ.

„Die fünf täglichen Hauptgebete tilgen die Sünden, die zwischen ihnen begangen werden; ein Freitagsgebet sühnt die Sünden bis zum nächsten Freitagsgebet; ein Ramadan-Monat löscht die Sünden bis zum folgenden Ramadan. Solange keine großen Sünden (kebāʾir) begangen werden, verzeihen diese Handlungen die dazwischenliegenden Vergehen.“[2]

Ehrenwerte Musliminnen und Muslime! Unsere heutige Predigt behandelt die Bedeutung des Freitags und des Freitagsgebets.

Der Freitag ist ein gesegneter Tag, der jene edle Zeitspanne birgt, in der kein Bittgebet abgewiesen wird. Das Freitagsgebet wiederum ist unter allen Hauptgebeten das inhaltlich umfassendste und bedeutendste. Es ist eine so überragende Pflicht, dass mit seiner Verrichtung die Pflicht des Mittagsgebets desselben Tages entfällt. Wenn eine obligatorische Handlung eine andere ersetzt, ist sie ihr dem Rang nach überlegen. Darum sollte der Gläubige den Wert dieses Gebets erkennen und sich unter allen Umständen bemühen, es zu verrichten.

In einem Hadith des Gesandten Gottes (F.s.m.i.) heißt es:

„Der Freitag ist der Gebieter aller Tage, und bei Gott der bedeutendste. Vor Ihm ist er gewichtiger als die Tage des Annäherungs- und des Ramadanfestes. Der Freitag besitzt fünf besondere Merkmale:

  1. Gott, der Erhabene, erschuf Adam am Freitag.
  2. An eben diesem Tag ließ Er ihn auf die Erde herabsteigen.
  3. Am Freitag nahm Er auch seine Seele zu sich.
  4. Am Freitag gibt es ein Zeitfenster, in der jedes Bittgebet erhört wird.
  5. Und der Jüngste Tag wird an einem Freitag anbrechen.

Alle Gott nahestehenden Engel, die Himmel, die Erde, die Winde, die Berge und die Meere fürchten sich vor diesem Tag.“[3]

Das Freitagsgebet ist eine individuelle Kernaufgabe (farḍ el-ʿayn). Seine Verbindlichkeit ist durch Koran, Sunna und den Konsens (idjmāʿ) der Gelehrten eindeutig belegt. Die 62. Koransure spricht ausdrücklich vom Freitagsgebet und trägt deshalb den Namen „Sūre al-Djumʿa“ (Freitag).

Die Gefährten verstanden die eingangs unserer Predigt zitierte Koranstelle – „Wenn ihr am Freitag zum Gebet gerufen werdet, dann eilt zum Gedenken Gottes“ – dahingehend, dass man sich unverzüglich aufmachen, rechtzeitig zur Predigt anwesend sein, das Gebet gewissenhaft verrichten und mit Eifer, Würde sowie Gelassenheit zur Moschee schreiten solle – und sie handelten auch entsprechend.

Das Freitagsgebet wird am Freitag zur Mittagszeit gemeinschaftlich verrichtet und ersetzt das gewöhnliche Mittagsgebet dieses Tages.

Solange der Imam noch nicht auf die Kanzel gestiegen ist, beginnt man mit der ersten Sunna und betet sie als vier Einheiten. Steigt der Prediger während dieser Sunna zur Predigt hinauf, wird das Gebet dennoch fortgesetzt; erst nach dessen Abschluss hört man der Predigt zu.

Es gilt als verwerflich (mekrūh), ein Gebet zu beginnen, nachdem der Imam auf die Kanzel gestiegen ist. Demjenigen, der in diesem Moment eintrifft, hat der Gesandte Gottes (F.s.m.i.) geboten, sich zu setzen. Die versäumten ersten vier Sunna-Gebetseinheiten kann man nach der Farḍ-Einheit des Freitagsgebets nachholen.[4]

Nach der Predigt wird das Hauptgebet des Freitags gemeinschaftlich in zwei Einheiten verrichtet. Daran schließen sich vier Einheiten als die abschließende Sunna des Freitagsgebets an.

Die Stellung und Bedeutung des Zuhr elʾākhir-Gebets lassen sich wie folgt umreißen:
Nachdem das Freitagsgebet zusammen mit seinen Kern- und Freiwilligen-Teilen insgesamt zehn Einheiten umfasst, wird anschließend sicherheitshalber ein vier Einheiten umfassendes Hauptgebet namens Zuhr el-ʾĀkhir verrichtet. Wörtlich bedeutet dies „das letzte Mittagsgebet“. Die meisten Gelehrten haben ihre Verrichtung als empfehlenswert angesehen und dazu geraten, und so wird es seit Jahrhunderten praktiziert.

In den ersten Zeiten des Islam gab es kein Zuhr el-ʾĀkhir-Gebet, weil das Freitagsgebet in einem Ort nur in einer Moschee verrichtet wurde. Deshalb findet sich in den Überlieferungen des Propheten (F.s.m.i.) und der frühen Generationen davon keine Spur. Erst später – als es in großen Städten nicht mehr möglich war, das Freitagsgebet in nur einer Moschee zu verrichten und es gleichzeitig in mehreren Moscheen gehalten wurde – kam das Thema auf.

Nach Ebū Ḥanīfa ist es für die Erhabenheit der Religion von großer Bedeutung, dass das Freitagsgebet in einer Ortschaft nur an einem einzigen Ort verrichtet wird. Jenen Gelehrten zufolge, die mehrere Freitagsgebete innerhalb derselben Stadt für unzulässig halten, ist von allen Gebeten, die gleichzeitig an verschiedenen Orten beginnen, nur das gültig, bei dem der Eröffnungs-Tekbir zuerst gesprochen wurde; alle anderen gelten als ungültig.

Um Meinungsverschiedenheiten in dieser Frage zu vermeiden, wird nach den vier Einheiten der abschließenden Sunna des Freitagsgebets ein weiteres Vier-Einheits-Gebet verrichtet, das man Zuhr el-ʾĀkhir (letztes Mittagsgebet) nennt. Man fasst dabei die Absicht:
„Ich beabsichtige das letzte Mittagsgebet, dessen Zeit ich erreicht habe und das noch nicht von mir abgefallen ist“, und betet es wie das vier Einheiten umfassende Pflicht- oder Sunna-Gebet des gewöhnlichen Mittagsgebets. Die in den letzten zwei Einheiten zusätzlich rezitierten Koranverse beeinträchtigen die Gültigkeit des Freitagsgebets nicht.

Wenn das Freitagsgebet gültig ist, ersetzen diese vier Einheiten ein eventuell versäumtes Mittagsgebet. Hat man kein solches Gebet nachzuholen, werden sie als Will-Gebet in das Buch der Taten eingetragen.

Nach dem Zuhr el-Ākhir betet man zwei weitere Einheiten, die Sunna – genau wie die Sunna des Morgengebets. Damit ist das Freitagsgebet von allen Zweifeln befreit und auf insgesamt 16 Einheiten vervollständigt.

Wer das Freitagsgebet ohne triftigen Grund vernachlässigt, lädt schwere Schuld auf sich. Der Gesandte Gottes (F.s.m.i.) warnt uns:

„Wer das Freitagsgebet aus Gleichgültigkeit dreimal hintereinander unterlässt, dessen (metaphysisches) Herz wird versiegelt.“[5]

Aus den Hadithen haben unsere Gelehrten folgende Sunna-Praktiken für den Freitag abgeleitet:

  1. Ganzkörperwaschung (ghusl),
  2. wohlriechende Düfte verwenden,
  3. saubere, schöne Kleidung anlegen,
  4. mit Würde und innerer Ruhe zur Moschee gehen,
  5. niemanden im Gebetsraum stören,
  6. vor der Predigt Will-Gebete verrichten,
  7. der Predigt aufmerksam zuhören und sie verstehen wollen,
  8. während der Predigt weder sprechen noch sich anderweitig beschäftigen.

Die Predigt in Ehrfurcht und Stille zu verfolgen, ist eine religiöse Pflicht. Wer währenddessen mit seinem Nachbarn redet, anderweitig abgelenkt ist oder mit dem Handy spielt, verliert den geistigen Kern der Predigt und den Lohn dafür. Leider nehmen Verhaltensweisen, die dem Geist der Anbetung widersprechen, immer mehr zu. Doch der Gesandte Gottes (F.s.m.i.) ermahnte seine Gemeinschaft folgendermaßen: „Wenn der Imam am Freitag seine Predigt hält und du zu deinem Nachbarn sagst: ‚Sei still!‘, hast du schon etwas Unangebrachtes getan.“[6]

Nach dem Pflichtteil des Freitagsgebets laut zu reden, während andere noch beten, ist mindestens verwerflich (mekrūh); manche Gelehrte stufen es als nahe am Verbot verwerflich (tahrīmen mekrūh) ein.

Der Prophetengefährte Bureyde (Gott habe Wohlgefallen an ihm) berichtet: „Ein Mann suchte in der Moschee nach seinem verlorenen Kamel und rief: ‚Wer hat das rote Kamel gesehen?‘ Da sagte der Gesandte Allahs: ‚Mögest du es nicht finden! Die Moscheen sind nur für das bestimmt, wofür sie gebaut wurden.‘“[7]

Schließlich können wir eine frohe Botschaft von unserem Propheten (F.s.m.i.) erwähnen:

„Am Freitag gibt es ein Zeitfenster: Wer sie im Bittgebet antrifft und (nichts Verbotenes) von Gott erbittet, dem wird es gewährt.“[8]

Möge Gott, der Allbarmherzige, uns dazu verhelfen, jene Zeitfenster zu erreichen und den Freitag in bester Weise zu nutzen. Amin!


[1] Sūre El-Djumʿa, 62:9.

[2] Muslim, ṭahāre, 15.

[3] Ibn Mādje, İqāme 79; Musned Aḥmad, 3/429.

[4] Ibn Mādje, ʾIqāmat aṣ-Ṣalāt, 88.

[5] Ibn Mādje, ʾIqāmat 93.

[6] Muslim, Djumʿa, 11.

[7] Muslim, Masādjid, 80.

[8] Bukhārī, Djumʿa, 37; Muslim, Djumʿa, 13–15.

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